Der ökonomische, soziale und politische Kontext Ruandas ist komplex und von vielen Veränderungen geprägt. Die ruandische Regierung funktioniert bis heute wenig demokratisch, und die Menschenrechtssituation bleibt sehr problematisch. NGOs können sich nicht frei bewegen, arbeiten auf sehr restriktiver Basis, und eine Opposition wird nicht zugelassen. Regierungspartei und Militär sind politisch gespalten.
Ruanda hat viel dafür getan, die Geschichte des Genozids aufzuarbeiten, sowohl über internationale, wie auch über nationale und über sogenannte Gacaca-Gerichte. Gacaca ist ein traditionelles ruandisches Rechtssystem, welches die Dorfältesten vollziehen. Die heutigen Gacaca-Gerichte, die sich um die Genozid-Vergangenheit kümmern, wurden mit Elementen der modernen Rechtsprechung ergänzt. Rund 820‘000 Täter und Täterinnen wurden verurteilt.
Die Regierung engagiert sich auf ökonomischer Ebene im Bereich neuer Technologien, Fremdinvestitionen und regionaler Integration. In der ländlichen Entwicklung werden die Bildung von Kooperativen sowie ein umfassender Bau von Terrassierungen gefordert, um die Landwirtschaft zu intensivieren. Die ländlichen Regionen profitieren vom nationalen Wirtschaftswachstum (ca. 6%) allerdings kaum; 80% der Bevölkerung lebt von Landwirtschaft, die ein Negativwachstum aufweist. Laut Zahlen des UN-Report 2010 leben über drei Viertel der Bevölkerung von weniger als 1.25 US$ pro Tag.
Die politische und ökonomische Entwicklung Ruandas hat auch auf das Phänomen Strassenkinder Auswirkungen: Für viele Kinder bestehen seit dem Genozid keine tragenden sozialen Netze mehr, und die wirtschaftlich schwierige Situation führt zu einer Zunahme an Strassenkindern. Viele dieser Kinder stammen aus sehr armen Familien, selbst ganz kleine Kinder sind gezwungen, sich selbst um ihr Überleben zu kümmern. Ein grosser Teil der Strassenkinder verbringt den Tag auf der Strasse, hat aber noch Verwandte oder eine Familie, zu denen sie ab und zu gehen können. In Kigali ist der Druck auf die Strassenkinder gewachsen, seit die Kinder in den Stadtzentren nicht mehr geduldet und daraus vertrieben werden. Die Förderung von Fremdinvestitionen in Ruanda führt dazu, dass inzwischen viele staatliche und private Investoren Land im Zentrum Kigalis ankaufen, was viele Enteignungen zur Folge hat. Dies wirkt sich auf die armen Familien direkt aus, indem sie an die Stadtränder ziehen müssen.
Caritas Schweiz setzt sich seit den 80er Jahren für Strassenkinder ein und hat dazu beigetragen, dass Hunderte Kinder und Jugendliche eine Schul- oder Berufsausbildung besuchen konnten.