Dass die Zahl der in die Schweiz einreisenden Flüchtlinge so stark zurückgeht, ist nicht darin begründet, dass die Fluchtursachen verschwunden sind. Im Gegenteil: Der zerstörerische Krieg in Syrien ging auch im vergangenen Jahr weiter. Oder in Ländern wie dem Irak, Afghanistan und Eritrea hat sich die Bedrohungslage für die Zivilbevölkerung nicht entschärft, auch wenn dies politische Akteure – besonders im Fall von Eritrea – herbeizureden versuchen. Die Zahlen sind vor allem wegen der Schliessung der Balkanroute und wegen des aus humanitätspolitischer Sicht problematischen EU-Abkommens mit der Türkei gesunken.
Im Jahr 2015 wurden Ängste und Unsicherheiten geschürt mit der Frage, wie viele Flüchtlinge die Schweiz denn maximal aufnehmen könne. Dabei war unser Land in wesentlich geringerem Masse Ziel der Flüchtlingsbewegungen als etwa Deutschland und Österreich. Nun zeigt sich, dass die überzogenen Prognosen falsch waren. Dass nach wie vor Ideen im Raum stehen, Soldaten zur Abwehr von Flüchtlingen an der Grenze einzusetzen, muss daher als politische Angstmache ohne Realitätsbezug bezeichnet werden.
Aus Sicht der Caritas ist weiterhin humanitäre Hilfe in Syrien und in den Nachbarländern dringlich. Auch die europäischen Ersteinreiseländer wie Griechenland und Italien sind auf Unterstützung angewiesen. Notwendig ist sodann die Aufnahme von Kontingentflüchtlingen – das Flüchtlingshilfswerk der Uno (UNHCR) sucht dringend Plätze. Statt bei der Integration zu sparen, braucht es ein stärkeres Engagement, um den Flüchtlingen eine möglichst schnelle Integration zu gewährleisten. Schliesslich steht die Schweiz auf Basis der Kinderschutzkonvention in der Pflicht, minderjährigen Flüchtlingen altersgerecht Schutz und Unterstützung zu gewähren.