

Venezuela: Wenn Millionen Menschen ihre Heimat verlassen
In Venezuela brechen Stromversorgung und Gesundheitswesen regelmässig zusammen. Lebensmittel und Alltagsgüter sind zwar erhältlich, aber für viele unbezahlbar. Die Unsicherheit wächst, Gewalt nimmt zu und viele Menschen verlieren ihre Existenzgrundlage.
Auch Haieduangel Bastidas musste diese Erfahrung machen: Die Mutter von fünf Kindern führte ein kleines Kleidergeschäft und lebte ein bescheidenes, aber stabiles Leben. Doch die Lage im Land verschlechterte sich rasch – bis schliesslich ihr Laden geplündert wurde und sie ohne Einkommen dastand.

«Es waren sehr harte Jahre.»Haieduangel BastidasMutter von 4 Kindern
Haieduangel musste eine Entscheidung treffen. Für sie und ihre Kinder blieb nur der Weg ins Nachbarland Kolumbien, in der Hoffnung auf Sicherheit und eine neue Perspektive. «Es waren sehr harte Jahre», erzählt sie. Die Familie hatte kaum genug zum Überleben, und gleichzeitig kämpfte sie mit einer gewalttätigen Beziehung. «Er hat mich an Heiligabend verprügelt und mir mit dem Fuss ins Gesicht getreten.» Trotz allem gab sie nicht auf.
Venezuela in der Krise: Wichtige Hintergr ünde
Die politische und wirtschaftliche Situation hat in den letzten Jahren Millionen Menschen zur Flucht gezwungen. Die Preise steigen rasant, Löhne reichen nicht aus, um Grundnahrungsmittel zu kaufen, und regelmässige Stromausfälle beeinträchtigen Alltag und Sicherheit. Die Nachfrage nach Unterstützung durch lokale und internationale Organisationen wächst stetig.

© Reto Albertalli

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Flucht vor der Armut
Viele Familien sehen sich gezwungen, gefährliche Fluchtrouten zu wählen oder in informellen Siedlungen zu leben, wo sie kaum Zugang zu Arbeit, Gesundheitsversorgung oder Bildung haben. Wer wie Haieduangel nach Kolumbien flieht, kommt häufig ohne Ersparnisse an und muss sofort irgendeine Arbeit finden.

Haieduangel nahm jede Gelegenheitsarbeit an, die sie finden konnte. Sie putzte, sammelte Müll oder erledigte kleine Jobs, nur um ihre Kinder zu ernähren. Doch ihr Ziel war klar: ein eigenes Einkommen, das Stabilität bringt.
Ein Neuanfang in Kolumbien
Mit Unterstützung der Caritas fand Haieduangel schrittweise zurück in ein selbstbestimmtes Leben. Besonders ihre Leidenschaft fürs Backen wurde zur Chance: Sie besuchte Kurse, lernte Grundlagen der Selbstständigkeit und erhielt Unterstützung beim Aufbau eines kleinen Geschäfts. Heute verkauft sie Torten und Cupcakes, hat ein eigenes Logo und Visitenkarten und kann wieder für ihre Familie sorgen. «Meine Kinder können die Schule besuchen und ich kann sogar meiner Mutter die Medikamente schicken, die sie braucht», sagt sie erleichtert.
In ruhigen Momenten träumt sie davon, eines Tages wieder ein Kleidergeschäft zu eröffnen – nun aber in ihrer neuen Heimat Kolumbien.
Titelbild: © Reto Albertalli



