Armut ist kein Verbrechen

Argumentarium zur Annahme der Parlamentarischen Initiative

Aus Angst davor, ihr Aufenthaltsrecht in der Schweiz zu verlieren, verzichten immer mehr Menschen ohne Schweizer Pass in finanziellen Notlagen auf Sozialhilfe. Mit einem Ja zur Parlamentarischen Initiative «Armut ist kein Verbrechen» kann der Ständerat eine wichtige Verbesserung dieses Missstandes bewirken.

Wer in der Schweiz in eine finanzielle Notlage gerät, hat Anrecht auf Unterstützung für ein menschenwürdiges Dasein. Dies ist in der Bundesverfassung festgeschrieben und gilt für alle, unabhängig der Herkunft. Dieses Anrecht auf Hilfe wird aber seit 2019 durch das Ausländer- und Integrationsgesetz stark eingeschränkt: Heute müssen armutsbetroffene Personen ohne Schweizer Pass um ihre Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung in der Schweiz fürchten, wenn sie Sozialhilfe beziehen – selbst wenn sie schon länger als 10 Jahre in der Schweiz leben, viele Jahre hier gearbeitet haben oder sogar hier geboren sind.

Diese Regelung veranlasst ausländische Personen zum Nicht-Bezug von Sozialhilfe. Die Situation belastet die Betroffenen psychisch enorm und erschwert ihre soziale und berufliche Teilhabe. Den Bezug von Sozialhilfe mit dem Widerruf der Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung zu sanktionieren, ist grundsätzlich stossend und besonders bei schon länger in der Schweiz lebenden Menschen absolut unverhältnismässig. Caritas und HEKS fordern den Ständerat gemeinsam auf, in der Sommersession der Parlamentarischen Initiative zuzustimmen und damit die prekäre und menschenunwürdige Situation zu entschärfen. Dies wäre ein wichtiger Beitrag zur Bekämpfung von Armut in der Schweiz.

Titelbild: Wer in der Schweiz in eine finanzielle Notlage gerät, hat Anrecht auf Unterstützung für ein menschenwürdiges Dasein. © Thomas Plain