

Mit Bildung aus der Armut
Ein Weg aus der Armut führt über Bildung. Doch in der Schweiz sind die strukturellen Barrieren hoch und die Chancen auf eine Weiterbildung bleiben für viele Menschen mit wenig Geld eine Illusion. Vier Personen berichten von ihren Lebensrealitäten, die eines gemeinsam haben: Ein beschwerlicher Zugang zu Bildung.
Die Schilderungen von Ahmed, Adèle, Martin und Monique* könnten unterschiedlicher nicht sein. Doch alle verdeutlichen: Die Hürden im Schweizer Bildungssystem sind hoch. Wer sie überwinden will, braucht Willenskraft, Unterstützung – und Geld. Alle vier investieren trotz zahlreichen Stolpersteinen viel in ihre Zukunft, mit der eisernen Hoffnung auf ein sicheres Einkommen.

«Ich habe das Wissen und die Motivation und genug offene Stellen hätte es auch. Bis ich aber meine Anerkennung erhalte, kann es noch Jahre dauern.» Ahmed33-Jahre Alt
- Ahmed weiss: Eigentlich wird seine Arbeitskraft im Gesundheitswesen dringend gebraucht. Doch fehlende Diplome seiner Ausbildung und ein langwieriges Anerkennungsverfahren stehen dem im Weg.
- Anders bei Adèle: Sie jongliert ihr Studium, ihre Kooperative und den täglichen Kampf ums Geld. Vom System erhält sie dabei keine Unterstützung: Sie soll arbeiten, nicht studieren.
- Als Martin mit 38 Jahren seine Stelle verlor, sah er sich plötzlich mit einer neuen Realität konfrontiert. Der Handwerker musste sich nach fast zwei Jahrzehnten erstmals wieder bewerben – und merkte schnell, wie schwierig das ohne digitale Kenntnisse ist.
- Und Monique arbeitete lange in prekären Verhältnissen in der Reinigung. Erst mit Unterstützung konnte sie sich zur Pflegehelferin umschulen lassen.
Ihre persönlichen Geschichten zeigen eindrücklich, wie unterschiedlich und gross die Hürden im Bildungssystem sind.
*Namen teilweise geändert
Es braucht Zugang zu Bildung für alle
Bessere Bildungschancen für Erwachsene senken das Armutsrisiko – denn wer sich weiterqualifizieren kann, hat bessere Chancen auf einen existenzsichernden Job. Doch ausgerechnet jene, die besonders auf Bildung angewiesen wären, bleiben oft davon ausgeschlossen.

«Der Zugang zu Weiterbildung ist nicht gerecht verteilt. In der Schweiz sind armutsbetroffene und -bedrohte Erwachsene mit Hürden konfrontiert, die sie nicht allein überwinden können.»Peter Lackdirektor caritas Schweiz
Die Gründe dafür sind vielfältig:
- Existenzsicherung geht vor: Der tägliche finanzielle Druck zehrt an den Kräften. Er beansprucht mentale Ressourcen und geht oft mit gesundheitlichen Belastungen, prekären Wohnverhältnissen oder familiärem Stress einher – da bleibt kaum Raum für Bildung.
- Weiterbildung ist (zu) teuer: Wer nur knapp über die Runden kommt, kann sich keine Kurse leisten. Es fehlen Beiträge, die nicht nur Kurskosten und Lernmaterial abdecken, sondern auch den Lohnausfall und die Betreuungskosten für die Zeit der Weiterbildung.
- Keine Zeit wegen Betreuungspflichten: Besonders Eltern – und allen voran Alleinerziehende – scheitern oft an fehlenden oder nicht bezahlbaren Kinderbetreuungsangeboten.
- Komplizierte Anerkennung von Abschlüssen: Viele Geflüchtete oder Migrierende bringen wertvolle Berufsabschlüsse oder Erfahrung aus dem Ausland mit. Doch der Weg zur Anerkennung ist lang, teuer und schwer verständlich.

Caritas Schweiz fordert eine armutssensible Bildungspolitik
Die Bildungspolitik muss sich stärker an den Lebensrealitäten der Menschen orientieren. Nur wenn die Rahmenbedingungen stimmen, kann Bildung tatsächlich für alle zum Weg aus der Armut werden. Mehr dazu lesen Sie im Positionspapier der Caritas Schweiz.
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