Mattia Vacca
Mattia Vacca

Kein Abbau von Schutzmassnahmen im Asylverfahren

Für vermeintlich einfache Beschleunigungsmassnahmen gibt es kein Spielraum

Die wichtigste Funktion des Asylverfahrens ist der Schutz von bedrohten und gefährdeten Menschen. Viele Geflüchtete haben traumatische Erfahrungen gemacht und sind verletzlich. Gerade für sie muss der Zugang zum Asylverfahren bei Reformen gewährleistet bleiben. Unausgewogene Beschleunigungsvorschläge und Abbaupläne bei Schutzmassnahmen lehnt Caritas daher entschieden ab.

In der laufenden Frühjahrssession diskutiert das Parlament über Sparpotential beim Asylprozess. Konkret sollen die Verfahren weiter beschleunigt werden und damit die Unterstützungsdauer des Bundes verkürzt werden, wenn eine Person einen negativen Asylentscheid erhält. Ob weitere Beschleunigung effektiv zu Einsparung führen würden, ist zu hinterfragen. Die Vorschläge sehen aber teils deutliche Abstriche bei Verfahrensgarantien vor, die für den Asylprozess von enormer Bedeutung sind.

Im Asylverfahren geht es um Schutz

Das Asylverfahren ist ein hochsensibles Verfahren. Denn es geht um den Schutz von Menschen, die in ihren Herkunftsländern akut bedroht sind. Diese Menschen haben Dramatisches erlebt, sei es durch Verfolgung, Krieg oder Folter im Herkunftsland, aber auch auf den langen und beschwerlichen Fluchtrouten sind sie massiven Gefahren ausgesetzt. Darunter willkürliche Inhaftierungen und Folter, aber auch Ausbeutung und Menschenhandel. Entsprechend wichtig ist, die genaue Abklärung und der Zugang für besonders vulnerablen Geflüchtete gewährleistet ist.

Bereits stark beschleunigtes Verfahren

Wie wichtig es ist bei kürzeren Verfahren den Zugang für teils schwer traumatisierte Menschen im Auge zu behalten zeigen die 2019 eingeführten beschleunigten Asylverfahren. Dabei wurden nicht nur die Fristen für die Betroffenen deutlich gekürzt. Um die Risiken von schnellen Entscheiden abzufedern, wurden gleichzeitig neue Verfahrensgarantien, wie der flächendeckende Zugang zu einer Rechtsvertretung eingeführt. Diese Ausgleichsmassnahmen überzeugten damals über zwei Drittel der Stimmbevölkerung.

Evaluationen zeigten seither aber auch, dass die kurzen Fristen trotz den Begleitmassnahmen für vulnerable Geflüchtete anspruchsvoll bleiben. So ist es schwierig in der kurzen Frist von wenigen Tagen psychisch Erkrankte, schwer Traumatisierte, Folteropfer oder Opfer von Menschenhandel zu identifizieren und die nötigen medizinischen Nachweise einzuholen. Daraus lässt sich erkennen, dass es kaum Potential für weitere Beschleunigungen gibt.

Beschleunigung ist ausgereizt

Dennoch sieht eine Motion der Finanzkommission des Ständerats vor, dem Parlament ein Beschleunigungspaket zu unterbreiten. Die beispielhaft genannten Vorschläge reichen von Spezialverfahren für Staatsangehörige einzelner Länder, über Einschränkungen beim Rechtsschutz, bei Mehrfachgesuchen und bei der Begründungspflicht des Bundesverwaltungsgerichts bis hin zu einer generellen Verkürzung der Fristen. Solche Lösungsvorschläge mögen aus einer reinen Finanzperspektive verlockend klingen, für den Schutz der Betroffenen sind sie verheerend.

Caritas Schweiz betont daher, dass das Asylverfahren in erster Linie dem Schutz verpflichtet ist. Ein kurzer Asylprozess bringt Vorteile. Die Beschleunigung wurde in den letzten Jahren aber bereits so stark forciert, dass es kaum noch Spielraum gibt. Wenn es aber zu weiteren Beschleunigungen kommt, dann braucht es zwingend zusätzliche Massnahmen, die den Zugang für vulnerable Geflüchtete gewährleisten. Schutzmassnahmen abzubauen, um damit vermeintlich Geld einsparen zu können, lehnt Caritas entschieden ab.

Weitere Informationen

Titelbild: Mattia Vacca