Die Teuerung trifft Ärmere besonders stark

Fokusthema: Inflation

Seit Anfang 2022 ist das Leben in der Schweiz deutlich teurer. Dies spüren vor allem ärmere Haushalte: Die gestiegenen Energie- und Nahrungsmittelpreise sowie die höheren Krankenkassenprämien belasten sie besonders stark, weil sie einen grossen Teil ihres Budgets für Wohnen, Essen und Gesundheit ausgeben.

Teuerung oder Inflation bedeutet einfach gesagt: Die Preise für Produkte steigen und das Geld verliert damit an Wert. In der Schweiz wird die Teuerung am Landesindex für Konsumentenpreise (LIK) gemessen. Für dessen Berechnung werden jeden Monat 100'000 Preise von typischen Konsumgütern erhoben.

Die Jahresteuerung für 2022 betrug auf Basis dieser Berechnung 2,8 Prozent. Sie lag damit so hoch wie seit fast 30 Jahren nicht mehr, wenn auch tiefer als in vielen andern Ländern Europas und weltweit. Haupttreiber waren die gestiegenen Energiepreise infolge des Krieges gegen die Ukraine sowie anhaltende Lieferkettenprobleme wegen der globalen Covid-19-Pandemie.

Im Februar 2023 stieg der Landesindex nochmals auf 3,4 Prozent an. Hauptgrund waren die zum Jahreswechsel um durchschnittlich 27 Prozent angestiegenen Strompreise. Auch die Preise für Grundnahrungsmittel wie Teigwaren und Gebäck sind nochmals deutlich gestiegen. Im Verlauf des Jahres müssen Mieterinnen und Mieter aufgrund der gestiegenen Gas- und Heizölpreise mit hohen Nebenkostenabrechnungen für das vergangene Jahr rechnen.

Je tiefer das Einkommen, desto geringer der finanzielle Spielraum

Für Haushalte mit tiefen Einkommen fallen diese Preisanstiege stark ins Gewicht, denn sie geben fast ihr ganzes Geld für Konsumgüter aus. Haushalte mit hohen Einkommen wenden dafür nicht einmal die Hälfte auf. Auch die Belastung durch einzelne Ausgabenposten unterscheidet sich stark: Während die ärmsten Haushalte im Schnitt über ein Drittel ihres Bruttoeinkommens für Wohnen und Energie ausgeben, sind es bei einem durchschnittlichen Haushalt lediglich 15 Prozent. Auch für Nahrungsmittel geben ärmere Haushalte anteilsmässig doppelt so viel aus wie der Durchschnittshaushalt.

Der Landesindex der Konsumentenpreise misst nur die Preise von Konsumgütern. Einige wichtige Budgetposten fehlen darin: Steuern, Versicherungsbeiträge, Gebühren und – ganz entscheidend – Krankenkassenprämien. Diese sind auf 2023 im Durchschnitt ebenfalls um 6,6 Prozent gestiegen, was Haushalte mit tiefen Einkommen wiederum besonders stark trifft.

Wer nur auf den Landesindex für Konsumentenpreise schaut, unterschätzt also stark, was die Teuerung für ärmere Haushalte bedeutet.

Drei-Punkte-Plan der Caritas

Mit der Inflation wird es für Menschen mit wenig Geld immer enger. Es droht das Abrutschen in die Armut. Caritas hat sich seit Sommer 2022 mehrfach für wirksame Massnahmen stark gemacht. Doch aus dem Bundeshaus weht ein kalter Wind. Der Bundesrat sieht keinen Handlungsbedarf, um die Betroffenen angesichts der hohen Energiepreise zu entlasten. Der Ständerat blockiert jegliche zusätzliche Individuelle Prämienverbilligung durch den Bund.

Die Caritas hat einen Drei-Punkte-Plan gegen die aktuelle Teuerung formuliert:

  • Krankenkassenprämien müssen durch Bund und alle Kantone stärker verbilligt werden.
  • Für AHV, IV, Ergänzungsleistungen, Sozialhilfe, sowie für Haushalte mit einem tiefen Einkommen braucht es einen vollen Teuerungsausgleich.
  • Für Menschen, die akut in Not geraten, braucht es Überbrückungshilfen.

Konsumausgaben von Haushalten der untersten 20 Einkommensprozent im Vergleich zum Durchschnitt

BudgetpostenUnterstes Einkommensfünftel
(in % des Bruttoeinkommens)
Alle Haushalte
Konsumausgaben total90%53.9%
Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke13.1%6.6%
Alkoholische Getränke und Tabakwaren2.1%1.1%
Gast- und Beherbergungsstätten6.9%5.8%
Kleidung und Schuhe2.5%2.1%
Wohnen und Energie33.7%15.2%
Wohnungseinrichtung, Haushaltsführung3%2.3%
Gesundheitsausgaben (ohne Prämien)5.4%2.6%
Verkehr8.8%7.5%
Nachrichtenübermittlung (Internet, Telefon etc.)3.6%1.9%
Unterhaltung, Erholung, Kultur7.2%5.6%
Anderes3.9%3.2%
Quelle: BFS, Haushaltsbudgeterhebung 2015-2017

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Titelbild: © Corinne Sägesser