Die Menschen in Gaza dürfen nicht von humanitärer Hilfe abgeschnitten werden
Die Lage für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen ist katastrophal und sie spitzt sich laufend zu. Die humanitäre Versorgung ist in vielen Teilen der Küstenenklave zusammengebrochen. Die Vereinten Nationen warnen, dass eine halbe Million Palästinenserinnen und Palästinenser in der Region nur noch «einen Schritt von einer Hungersnot entfernt» seien. Es braucht deshalb dringend die Öffnung von Hilfskorridoren und ein Ende der Kampfhandlungen.
Nach dem Massaker der radikalislamischen Hamas an der israelischen Zivilbevölkerung und dem darauffolgenden Kriegsausbruch hat sich die Lage im Gazastreifen katastrophal verschlechtert. Gemäss Schätzungen wurden rund 1,7 der insgesamt 2,2 Millionen Bewohnerinnen und Bewohner innerhalb der Küstenenklave vertrieben, viele von ihnen mehrfach. Gemäss palästinensischen Angaben sind seit Oktober bereits mehr als 30’000 Menschen im Krieg getötet worden, davon 20’000 Frauen und Kinder.
Schulen, Spitäler und weite Teile der zivilen Infrastruktur wurden zerstört. Die Versorgung mit Nahrungsmitteln und sauberem Trinkwasser ist in grossen Teilen des Gebietes zusammengebrochen. Kinder, schwangere und stillende Frauen, Menschen mit Behinderungen und ältere Menschen sind einem besonders hohen Sterblichkeitsrisiko ausgesetzt. Gleichzeitig befindet sich immer noch eine grosse Zahl israelischer Geiseln in der Gewalt der Hamas. Die Hoffnung auf einen baldigen Waffenstillstand zwischen den Konfliktparteien ist derzeit gering.
Die humanitäre Hilfe im Gazastreifen
Ende Februar hat die Schweiz im UN-Sicherheitsrat Israel dazu aufgerufen, die dringend notwendige Versorgung der Zivilbevölkerung sicherzustellen und humanitäre Hilfe zuzulassen, wie dies der internationale Gerichtshof anordnetet hatte. Die Schweiz äusserte klar, dass Hunger in diesem Krieg nicht gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt werden dürfe. Sie verwies dabei auf eine frühere Resolution des Sicherheitsrates, die das Aushungern der Zivilbevölkerung und die unrechtmässige Verweigerung des Zugangs zu humanitärer Hilfe als Kriegstaktik aufs Schärfste verurteilte. Caritas Schweiz unterstützt dieses klare Statement der Schweiz. Sie fordert deshalb alle involvierten Akteure auf, unverzüglich Schritte zu unternehmen, um die Hungersnot in Gaza abzuwenden.
Die Gebiete, in denen innerhalb des Gazastreifens überhaupt noch humanitäre Hilfe geleistet werden kann, werden immer kleiner. Die Situation verschärft sich zusätzlich, weil die UNRWA, das Palästinenserhilfswerk der Vereinten Nationen, aufgrund fehlender finanzieller Mittel seine Tätigkeiten möglicherweise einstellen muss. Nachdem Israel Vorwürfe geäussert hatte, dass Mitarbeiter der Organisation an den Massakern der Hamas am 7. Oktober 2023 beteiligt waren, haben eine Reihe von Geberstaaten ihre Zahlungen an die UNRWA ausgesetzt. Auch die Schweiz hält ihre Gelder zurück und wartet die Untersuchungen zu den entsprechenden Vorwürfen ab.
Länder wie die Vereinigten Staaten haben inzwischen begonnen, Hilfsgüter aus der Luft über Gaza abzuwerfen, weil die notleidende Zivilbevölkerung auf anderen Wegen nur sehr schwierig erreicht werden kann. Dies zeigt, wie katastrophal die Situation ist. Der Abwurf von Hilfsgütern ist kein wirkungsvoller Weg, humanitäre Hilfe zu leisten, da diese nicht gezielt verteilt werden kann und gerade die verletzlichsten Teile der Bevölkerung nicht erreicht. Doch derzeit gestalten sich die Lieferungen auf dem Landweg höchst komplex. Dies zeigt sich auch am Beispiel der vor Ort tätigen Partnerorganisationen von Caritas Schweiz. Die US-amerikanische Caritas-Organisation Catholic Relief Services (CSR) sowie Caritas Jerusalem könnten vor Ort weitaus mehr Hilfe leisten, wenn die Wege für Hilfslieferungen weiter geöffnet würden.
Caritas Schweiz fordert:
- Für die Versorgung der Zivilbevölkerung im Gazastreifen müssen sichere Hilfskorridore eingerichtet werden, damit die humanitären Organisationen vor Ort ihre Arbeit leisten können.
- Die militärischen Handlungen müssen unverzüglich eingestellt werden, sodass die Grundversorgung der Menschen in der Region mit Lebensmitteln, Trinkwasser und medizinischer Hilfe sichergestellt werden kann.
- Es braucht jetzt eine sofortige Beendigung der Gewalt beider Konfliktparteien sowie einen langfristigen Waffenstillstand und beidseitige Friedensbemühungen. Die israelischen Geiseln müssen rasch und unversehrt freigelassen werden. Nur so kann ein echter Friedensprozess gestartet werden.
Titelbild: Die Not im Gazastreifen und im Westjordanland wird immer grösser. © Caritas Jerusalem