Collaborateurs de CRS, l'organisation partenaire de Caritas, à Gaza
Collaborateurs de CRS, l'organisation partenaire de Caritas, à Gaza

Caritas Schweiz warnt: Humanitäre Krise weitet sich aus

Sechs Monate Krieg im Gazastreifen

Seit sechs Monaten herrscht Krieg im Gazastreifen, die Versorgungslage für die palästinensische Zivilbevölkerung ist äusserst prekär. Caritas Schweiz leistet vor Ort mit zwei Partnerorganisationen Nothilfe und zeigt sich besorgt, dass sich die humanitäre Krise nun auf das Westjordanland und die Nachbarstaaten ausweitet.

Am 7. Oktober 2023 töteten Kämpfer der islamistischen Hamas im Süden Israels 1ʼ200 Menschen und verschleppten über 200 Frauen, Männer und Kinder. Als Reaktion rief die israelische Regierung den Kriegszustand aus. Die Streitkräfte Israels führen seither massive Militärschläge im Gazastreifen durch, wodurch mehrere zehntausend Palästinenserinnen und Palästinensern getötet wurden.Gemäss Schätzungen mussten 1,7 Millionen Menschen – fast 80 Prozent der Gesamtbevölkerung – innerhalb des Gazastreifens vor den Kampfhandlungen fliehen.

Ihre Lage ist äusserst prekär, wie die Partnerorganisationen von Caritas Schweiz berichten. Sie sprechen von einer katastrophalen Ernährungs- und Versorgungslage. Lastwagen mit Hilfsgütern können derzeit nur über zwei Grenzübergänge im Süden in den Küstenabschnitt gelangen. Wegen der strengen israelischen Sicherheitskontrollen dauert es tagelang, bis die Konvois abgefertigt sind und bei der notleidenden Bevölkerung ankommen.

Aide humanitaire pour la population civile en détresse à Gaza
Hilfsgüter für die notleidende Zivilbevölkerung in Gaza © CRS

Der einstmalige Hauptübergang Erez im Norden des Gazastreifens ist nach wie vor geschlossen. Die Waren für diese Region müssen durch die Kampfzone transportiert werden, um die Zivilbevölkerung zu versorgen. Einige Länder wie die USA, Frankreich und Deutschland haben begonnen, Hilfsgüter aus der Luft abzuwerfen, um die katastrophale Lage zu verbessern.

Für Caritas Schweiz ist klar: Auf diesem Weg ist gezielte Hilfe für besonders verletzliche Personengruppen wie ältere Personen oder Menschen mit Beeinträchtigung nicht möglich. Eine Luftbrücke oder ein neu zu bauender Güterhafen können nicht die Lösung für die sich abzeichnende Hungersnot im Gazastreifen sein. Das Caritas-Netz fordert die sofortige Einrichtung von Hilfskorridoren auf dem Landweg, damit die Hilfsgüter geschützt ihre Ziele erreichen und die humanitären Organisationen ihre Arbeit leisten können.

Viele Einkommen im Westjordanland sind weggebrochen

Mit dem Krieg im Gazastreifen verschlechtern sich zusehends auch die Lebensbedingungen der Menschen im Westjordanland, wie unsere Projektpartnerin Caritas Jerusalem feststellt. Das besetzte palästinensische Gebiet ist seit sechs Monaten durch Israel weitgehend abgeriegelt. Die Wirtschaft leidet massiv.

Ein wichtiger Grund dafür ist, dass die Arbeitsbewilligungen für nicht-israelische Palästinenserinnen und Palästinenser in Israel sistiert wurden. Das bedeutet, dass für Tausende Familien das Einkommen von einem auf den anderen Tag weggebrochen ist. Darüber hinaus ist der Tourismus, eine der Haupteinnahmequellen in Städten wie Bethlehem, völlig zum Erliegen gekommen. Die Menschen sind nun auch im Westjordanland verstärkt auf die Unterstützung von humanitären Organisationen angewiesen.

Sofortige Beendigung der Gewalt beider Konfliktparteien

Zu einer weiteren Verschärfung der Lebensbedingungen führt die Tatsache, dass dem Palästinenserhilfswerk der Vereinten Nationen (UNRWA) weniger finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, weil verschiedene Geberländer ihre Zahlungen zurückhalten. Sie begründen das damit, dass einige der rund 30ʼ000 Mitarbeitenden der Organisation mutmasslich an den Massakern der Hamas am 7. Oktober 2023 beteiligt waren. Auch die Schweiz hält ihre Gelder zurück und wartet die Untersuchungen zu den entsprechenden Vorwürfen ab.

Für die Bevölkerung im Gazastreifen hat das gravierende Folgen, denn die bestehenden UNRWA-Strukturen ermöglichen, dass im grossen Stil lebensnotwendige Hilfsgüter verteilt werden und Geflüchtete zum Beispiel in UNRWA-Schulen unterkommen können. Auch im Westjordanland, dem Libanon, Syrien und Jordanien ist die UNRWA seit Jahrzehnten tätig und betreibt unter anderem Gesundheitszentren und Bildungseinrichtungen für die vertriebene palästinensische Bevölkerung.

Um die humanitäre Situation der Menschen in der Region zu verbessern und die Hungersnot im Gazastreifen abzuwenden, braucht es eine sofortige Beendigung der Gewalt beider Konfliktparteien sowie einen langfristigen Waffenstillstand und beidseitige Friedensbemühungen. Die israelischen Geiseln müssen rasch und unversehrt freigelassen werden. Nur so kann ein echter Friedensprozess gestartet werden.

Geschrieben von Livia Leykauf, Leiterin Kommunikation, Caritas Schweiz

Interviewanfragen und weitere Informationen: medien@caritas.ch

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Titelbild: Mitarbeiter der Caritas-Partnerorganisation CRS im Gazastreifen © CRS