Caritas mahnt: Hilfe für Ukraine darf nicht vergessen gehen

Bevölkerung bereitet sich auf kalten Winter vor

Die Kämpfe im Nahen Osten führen dazu, dass der Krieg in der Ukraine immer stärker aus dem Fokus der Öffentlichkeit gerät. Dabei ist dort die humanitäre Not unverändert gross, wie das Beispiel der Region Charkiv eindrücklich zeigt.

Ein Jahr und acht Monate. So lange ist es her, dass Russland seine grossflächige Invasion in die Ukraine gestartet hat. Woche für Woche dominierte der Krieg die Schlagzeilen. Doch je länger er dauert, desto mehr gerät die Ukraine aus dem Fokus der Öffentlichkeit. Nicht etwa, weil die humanitäre Not kleiner wird, sondern weil sich anderswo neue, schreckliche Krisen und Konflikte zutragen. Aktuell ist die mediale Aufmerksamkeit beispielsweise stark auf die Kämpfe im Nahen Osten gerichtet, zuvor auf das Erdbeben in Marokko sowie auf die Flutkatastrophe in Libyen.

Es besteht die Gefahr, dass sich die Ukraine langfristig in die Liste der «vergessenen Krisen» einreihen muss. Das hat Caritas Schweiz schon in anderen Konflikten beobachtet, etwa in Äthiopien, Sudan, Burkina Faso, Mali oder Kolumbien. Dauern Krisen über Monate oder gar Jahre an, stellt sich in der breiten Öffentlichkeit eine gewisse Aufmerksamkeitsmüdigkeit ein.

Die Ersparnisse vieler Ukrainerinnen und Ukrainer sind aufgebraucht

Die schwindende Aufmerksamkeit bedeutet aber nicht, dass der Bedarf an Unterstützung sinkt, wie das Beispiel der Region Charkiv im Nordosten der Ukraine zeigt. Die Situation ist für die dortige Bevölkerung, Behörden und Hilfsorganisationen wie die Caritas enorm herausfordernd. Die Angriffe häufen sich: Allein bei einem Raketenbeschuss Anfang Oktober im Bezirk Kupianskyi kamen mehr als 50 Personen ums Leben.

Angriffe wie diese führen auch zur massiven Zerstörung der Infrastruktur. So ist die Wasser- und Stromversorgung immer wieder eingeschränkt und Häuser, Schulen sowie andere öffentliche Einrichtungen werden beschädigt. Viele Menschen haben ihre Ersparnisse aufgebraucht und können ihre Grundbedürfnisse nicht mehr decken.

Als Konsequenz erleben die Betroffenen eine Reihe von extremen Stressfaktoren, was zu einem erheblichen Anstieg des Bedarfs an psychosozialer Unterstützung führt. Eltern beobachten beispielsweise, dass Kinder Symptome von psychischen Traumata aufweisen, etwa Gedächtnisstörungen oder verkürzte Aufmerksamkeitsspannen.

Helfen mit Bargeld

Angesichts der grossen humanitären Bedürfnisse verfolgt Caritas Schweiz gemeinsam mit den Partnerinnen Caritas Ukraine und Caritas Charkiv verschiedene Ansätze, um die Menschen zu unterstützen. Dabei werden die Hilfeleistungen ständig an die sich verändernde Sicherheitslage angepasst.

An besonders vulnerable Haushalte werden weiterhin Bargeldzahlungen geleistet, damit sie ihre Grundbedürfnisse decken können. So kann jede Person oder Familie selbst entscheiden, was sie gerade am dringendsten benötigt.

Ebenso werden Reparaturen an Häusern finanziell unterstützt. Dies ist aktuell wieder besonders wichtig, damit sich die Menschen auf den kalten Winter vorbereiten können. Zudem wird für die Wintermonate zusätzliche Bargeldhilfe geleistet, damit sich die Begünstigten beispielsweise Feuerholz oder Generatoren anschaffen können. Darüber hinaus leistet die Caritas psychologische Betreuung und betreibt einen Pflegedienst für ältere Personen und Menschen mit Behinderung, die nahe der Front leben, aber nicht flüchten können.

Geschrieben von Niels Jost, Mitarbeiter Medien- und Öffentlichkeitsarbeit, Caritas Schweiz

Interviewanfragen und weitere Informationen: medien@caritas.ch

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Titelbild: © Andrey Potochevsky