Les femmes de Borana, dans le sud de l'Éthiopie, qui vivent dans une extrême pauvreté, sont aidées à créer de petites entreprises et à améliorer ainsi durablement leurs conditions de vie.
Les femmes de Borana, dans le sud de l'Éthiopie, qui vivent dans une extrême pauvreté, sont aidées à créer de petites entreprises et à améliorer ainsi durablement leurs conditions de vie.

Afrika-Strategie mit Lücken und Mängeln

Der Bundesrat legt erstmals Gesamtsicht auf die Beziehungen zum afrikanischen Kontinent vor

Ende 2024 hat der Bundesrat erstmals eine Strategie für die Beziehungen der Schweiz zum gesamten Kontinent verabschiedet. Caritas hat sich für eine solche Afrika-Strategie ausgesprochen. Eine Gesamtsicht auf die Beziehungen zum afrikanischen Kontinent ist sinnvoll und nützlich. Die Strategie hat aber Lücken und Mängel.

Die Afrika-Strategie des Bundes ist stark von wirtschaftlichen Eigeninteressen geprägt, ohne die eigene Rolle der Schweiz zu hinterfragen. Das zeigt sich am Beispiel des Rohstoff-Bereichs, der für Afrika volkswirtschaftlich von grosser Bedeutung ist: Als Land, in dem zahlreiche international tätige Rohstoffunternehmen ihren Hauptsitz haben, könnte die Schweiz auf die Bedingungen des Abbaus entscheidend einwirken, so wie dies etwa die Konzernverantwortungsinitiative fordert. Doch verzichtet die Schweiz auch in dieser Afrika-Strategie auf ein klares Bekenntnis, den Rohstoffhandel transparenter zu gestalten und besser zu regeln. Sie trägt so dazu bei, dass Probleme wie Korruption, Verletzung der Menschenrechte, Umweltschäden und Steuerflucht zum Nachteil der afrikanischen Bevölkerung ungelöst bleiben.

Beim Thema Migration liegt Fokus auf Abwehr

Die Strategie bemüht sich um eine differenzierte Sicht auf das Thema Migration. Sie weist richtigerweise darauf hin, dass ein grosser Teil der afrikanischen Migration innerhalb des Kontinents stattfindet. Bei der Analyse werden auch Chancen der Migration nach Europa erwähnt und auf die Chancen von regulärer Migration hingewiesen. Die Gefahren der illegalen Migrationsrouten werden ausdrücklich betont.

Bei genauer Betrachtung fokussiert die Strategie ‒ insbesondere durch die angestrebte Ausweitung von Migrationsabkommen ‒ vor allem auf die Thematik der Rückführung von Migrantinnen und Migranten sowie der Verhinderung von Migrationsbewegungen, die auch die Schweiz betreffen können. Dies erachtet Caritas als nicht zielführend. Stattdessen müsste ein stärkerer Fokus auf der Ermöglichung von würdigen lokalen Lebensbedingungen durch nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit liegen.

Was in der Afrika-Strategie fehlt

Die Strategie anerkennt, dass humanitäre Notlagen insgesamt zugenommen haben. Für die Schweiz bedeute dies, dass die humanitäre Hilfe in Afrika, als Ausdruck der Solidarität unseres Landes mit den Menschen in Not, künftig noch stärker gefordert sein wird als bisher. Die entsprechenden Ziele und Massnahmen sind aber sehr allgemein formuliert. Die deutliche Reduktion der Gelder für Afrika im Rahmen der Strategie der Internationalen Zusammenarbeit 2025-2028 spricht eine andere Sprache und zeigt, dass die Schweiz ihre diesbezügliche Hilfe ab- statt ausbaut. Auch blendet die Strategie das ausdrückliche Ziel der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) aus, dass humanitäre Hilfe mit langfristiger Entwicklungszusammenarbeit und Friedenförderung kombiniert werden soll.

Was zudem fehlt, ist ein klares Bekenntnis dazu, dass die Schweiz sich mit einem fairen Mass an Kosten beteiligt, die für die ärmeren Länder durch klimabedingte Naturkatastrophen und bei der Anpassung an die veränderten klimatischen Bedingungen anfallen. Diese Klimafinanzierung ist für afrikanische Länder besonders relevant.

Bei den konkreten Massnahmen stehen Bilaterale Klimaabkommen nach Artikel 6 im Pariser Klimavertrag im Vordergrund. Diese dienen dazu, Emissionsminderungen in den jeweiligen Ländern zu erkaufen und den Schweizer Klimazielen anzurechnen. Die Wirksamkeit dieses Emissionshandels wird inzwischen durch zahlreiche Untersuchungen stark in Frage gestellt. Das bestätigt auch eine Studie, die Caritas gemeinsam mit der peruanischen NGO CooperAcción zu einem Projekt mit Energiespar-Kochöfen in Peru durchgeführt hat. Verantwortliches Handeln der Schweiz gegenüber Afrika würde im Klimabereich darin bestehen, die eigenen Emissionen konsequent zu reduzieren und gleichzeitig im Rahmen der Klimafinanzierung ausreichend Mittel für die Anpassung und den Klimaschutz zur Verfügung zu stellen. Dazu ist in der Strategie kein Hinweis zu finden.

Insgesamt widerspiegelt die neue Afrika-Strategie eine allgemeine Tendenz in der Schweizer Aussenpolitik: Obwohl in der Analyse klar wird, wo die Herausforderungen und Probleme liegen, sind konkrete Lösungsansätze sehr vage formuliert. Die Schweiz verpasst es so, ihre Verantwortung als wirtschaftsstarkes Land, das von der Globalisierung enorm profitiert, gegenüber ärmeren Ländern auf dem afrikanischen Kontinent angemessen nachzukommen. Zu kritisieren ist dabei auch die Aussage, dass die Schweiz in Afrika kaum mit der Kolonialgeschichte in Verbindung gebracht werde. Damit negiert die Strategie die historische Dimension problematischer Wirtschaftsverstrickungen auf dem Kontinent, insbesondere in den für die Schweiz wichtigen Sektoren wie Kakao und Kaffee.

Weitere Informationen

Kontakt

Fachstelle Entwicklungs- und Klimapolitik, Caritas Schweiz

Angela Lindt

Leiterin Fachstelle Entwicklungs- und Klimapolitik

+41 41 419 23 95alindt@caritas.ch

Titelbild: Frauen aus Borana in Südäthiopien, die in extremer Armut leben, werden dabei unterstützt, Kleinunternehmen zu gründen und so ihre Lebenssituation nachhaltig zu verbessern. © Cartier Philanthropy/Andrea Borgarello