Wie kann Care-Migration gelingen?

Seniorenbetreuung zuhause

Ein europäischer Verbund von Caritas-Organisationen setzt sich dafür ein, dass die Betreuung in Privathaushalten für Care-Migrantinnen fair ist und ermöglicht den osteuropäischen Ländern die dauerhafte Abwanderung von Fachpersonal zu verhindern. 

In der Schweiz gibt es mehr als 620'000 ältere Personen, die auf Unterstützung im Alltag angewiesen sind. Zudem wünschen sich viele ältere Personen möglichst lange zuhause zu leben. Ein Wunsch, der zunehmend von Care-Migrantinnen – in den meisten Fällen sind es Frauen – aus Osteuropa erfüllt wird. Sie reisen in die Schweiz und leben zusammen mit der älteren Person unter einem Dach. Sie werden entweder von Privatpersonen oder Verleihorganisationen angestellt, arbeiten oft unter intransparenten Arbeitsbedingungen, werden ausgebeutet und nicht fair bezahlt.

Konsequenzen der Care-Migration für Osteuropa

Die osteuropäischen Länder, wie die Slowakei, Rumänien oder Polen, erleben seit Jahren eine Abwanderung von gut ausgebildetem Fachpersonal in der Gesundheitsbranche. Ärztinnen und Ärzte, Pflegefachkräfte und Betreuungspersonal verlassen vor allem die ländlichen Regionen und finden eine Anstellung in Deutschland, Österreich oder der Schweiz. Der Bedarf an Pflege und Betreuung steigt jedoch auch in Osteuropa. Durch die Abwesenheit der jüngeren Generationen ergeben sich zum Teil prekäre Versorgungssituationen für die alternde und auf Hilfe angewiesene Bevölkerung in den ländlichen Gebieten.

Diese Abwanderungen bekommen auch die Caritas-Organisationen in den osteuropäischen Ländern zu spüren. Sie betreiben Pflegeheime, Betreuungszentren, mobile Dienste und Sterbehospize, für die es zunehmend schwieriger wird Fachpersonal zu finden.

Partnerschaftliche Zusammenarbeit von Caritas-Organisationen

Caritas-Organisationen aus Europa engagieren sich deshalb zusammen für eine Verbesserung der Situation aller Beteiligten. Nebst der Erarbeitung eines europäischen Standards zum Thema Fair Care, vermittelt Caritas Schweiz zusammen mit zwei Caritas-Organisationen in der Slowakei und Rumänien Betreuungspersonen in die Schweiz. 

Die osteuropäischen Caritas-Organisationen sind für die Rekrutierung und Ausbildung der Care-Migrantinnen zuständig. Eine Projektleiterin informiert die eigenen Mitarbeitenden über die Möglichkeit, Einsätze in der Schweiz zu leisten. Entscheidet sich eine Person für diesen Schritt, wird ihre Qualifikation überprüft. Zudem wird sie vor der Abreise geschult, besucht einen Sprachkurs und erfährt, was sie in der Schweiz erwartet. Während des gesamten Einsatzes steht ihr eine Ansprechperson in ihrer Muttersprache zur Seite. 

Caritas Schweiz ist verantwortlich für das Finden von älteren Menschen, die Betreuung benötigen, der Begleitung des Einsatzes und der Einsatzplanung. Diplomierte Pflegefachpersonen von Caritas Schweiz sind Ansprechpersonen für jegliche Fragen für die Kundinnen und Kunden sowie für die Betreuungspersonen. Das sogenannte «Matching» der Kundinnen und Kunden mit der jeweiligen Betreuungsperson wird von beiden Caritas-Organisation gemeinsam vorgenommen.

Gelungene Care-Migration

Durch die Zusammenarbeit ergeben sich für alle Beteiligen Vorteile. Die langfristige Abwanderung von Fachpersonal kann in den osteuropäischen Ländern verhindert werden. Den Caritas-Organisationen in Rumänien und der Slowakei steht genügend Personal für ihre eigenen Dienstleistungen zur Verfügung. Dank dieser Form der Zusammenarbeit erhalten sie eine Entschädigung für die Projektleitung und es fliessen Gelder in Bildung und Entwicklung, von denen alle lokalen Mitarbeitenden profitieren.  

Die Care-Migrantinnen werden sowohl in ihrem Heimatland als auch in der Schweiz eng begleitet und erhalten eine gute Verdienstmöglichkeit. Total flossen in den letzten beiden Jahren je rund zwei Millionen Franken als Lohn in die Slowakei und nach Rumänien. Die Betreuungspersonen können gleichzeitig ihren Lebensmittelpunkt in ihrem Heimatland und ihre soziale Rolle in ihren Familien behalten. Betreuungsbedürftige Menschen in der Schweiz erhalten dank dem Modell Zugang zu einer fairen Betreuungslösung, die ein sicheres Wohnen zuhause länger möglich macht.  

Die Care-Migration ist eine Realität, die sich in ganz Europa bemerkbar macht. Caritas setzt sich seit Jahren dafür ein, ihren negativen Auswirkungen entgegenzuwirken. Dank der partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit den osteuropäischen Caritas-Organisationen und dem Einbeziehen der Bedürfnisse aller Beteiligten kann Care-Migration gelingen und fair gestaltet werden.

Geschrieben von Tobias Holzgang

Titelbild: © Simon End