Wenn der Krieg alles abverlangt
Der Nahe Osten kommt nicht zur Ruhe. In Gaza, Syrien und im Libanon leiden Millionen Menschen unter Gewalt, Vertreibung und bitterer Armut. Wie schaffen es die Menschen, unter schwierigsten Umständen ihren Alltag zu bestreiten? Drei Frauen erzählen.
Gaza: «Ihr Lächeln bestärkte mich»
Schon vor dem Krieg war das Leben von Israa Ayad geprägt von Entbehrungen. Doch der Einschlag einer Bombe in Deir al-Balah, im Zentrum von Gaza, veränderte alles. «Ich sass mit meinen Schwestern im Wohnzimmer – es war unser letztes Gespräch», erzählt die 29-Jährige.
Ihre Schwestern überlebten nicht. Israa selbst verlor eine Hand und ein Bein. 21 Tage lag sie im Spital – für eine längere Behandlung reichte der Platz nicht. Israa wandte sich an eines der zehn Gesundheitszentren von Caritas Jerusalem, das mit Unterstützung von Caritas Schweiz betrieben wird. Dort wurden ihre Wunden versorgt und sie erhielt fachliche Betreuung.
Israa blickt zwar in eine ungewisse Zukunft, doch sie sagt: «Die Freundlichkeit und das Lächeln der Mitarbeitenden bestärkten mich, nicht aufzugeben.»
Syrien: «Das Nähen gibt mir Kraft»
«Dieses Kleid habe ich komplett selbst genäht», sagt Rana Al-Sofy stolz. Ihr kleiner Laden in einem Dorf nahe der syrischen Küste floriert – wieder, um genau zu sein. Denn der Bürgerkrieg zwang Rana, alles hinter sich zu lassen: ihr Zuhause, ihre Familie, ihre Schneiderei.
Mit ihren vier Kindern fand sie Schutz in den Bergen. Doch als Witwe musste sich Rana alleine um das Einkommen und die Erziehung kümmern. «Ich hatte grosse Angst, die Familie nicht durchzubringen», sagt die heute 42-Jährige.
Als Rana mit ihren Kindern in ihr Dorf zurückkehren konnte, schöpfte sie neue Hoffnung. Mit Unterstützung von Caritas Schweiz und ihrer Partnerorganisation GOPA-DERD konnte sie ihren Laden wiedereröffnen. Rana: «Das Nähen gibt mir Kraft. Auch, weil ich wieder für meine Kinder sorgen kann. Sie waren meine Motivation, selbst in den düsteren Zeiten.»
Libanon: «Ich will stark sein für die Kinder»
Eigentlich möchte Fawzieh Matar weg. Weg aus ihrer maroden Wohnung. Weg aus dem Libanon, wo sie all den Schmerz erlitten hat. Erst erhielt ihre 16-jährige Tochter Alaa eine Krebs-Diagnose, dann mussten sie vor dem Krieg fliehen. «Wir konnten nicht in eine Notunterkunft», erzählt Fawzieh. «Die miserablen hygienischen Zustände hätten Alaa weiter geschwächt.»
Als einzige Option blieb eine enge Wohnung. Die 41-jährige Fawzieh schläft auf dem Boden, die Kinder auf dünnen Matten. Dies belastet ihre Gesundheit – die Arbeiten als Reinigungskraft und Stahlhändler vermögen Fawzieh und ihr Mann kaum mehr zu leisten. Und immer wieder müssen sie entscheiden: Medikamente für Alaa – oder Essen für alle?
Caritas Schweiz und ihre Partnerorganisation Caritas Libanon unterstützen die Familie bei Alaas Behandlung sowie mit einem monatlichen Zustupf. Fawzieh hat neuen Mut geschöpft: «Ich will stark sein für die Kinder.»