«Trotz Geldmangel kann ich auch etwas unternehmen»
In der Schweiz hat fast jede sechste Person zu wenig Geld zum Leben. Betroffene müssen auf vieles verzichten, von der ausgewogenen Ernährung über Freizeitaktivitäten bis hin zu Weiterbildungen. Dem wirkt die KulturLegi erfolgreich entgegen, wie eine Studie nun belegt.
Die KulturLegi ist so gefragt wie nie zuvor: Rund 185’000 Personen verfügen derzeit über einen Ausweis, 80 Prozent mehr als noch vor fünf Jahren. Auch das Angebot wird stetig ausgeweitet. Aktuell erhalten Menschen mit knappem Budget auf über 4’200 Aktivitäten in der ganzen Schweiz einen Rabatt von 30 bis 70 Prozent. Dies in den Bereichen Kultur, Sport, Bildung und Gesundheit.
Aufgrund dieses Wachstums hat die Caritas das Forschungsinstitut Interface damit beauftragt, eine Wirkungsmessung über die KulturLegi durchzuführen. 95 Prozent der über 5’200 Befragten geben an, dass sie dank den Vergünstigungen Angebote genutzt haben, die sie sich sonst nicht hätten leisten können. Eine ähnlich grosse Mehrheit bestätigt, häufiger an Kultur-, Sport-, Freizeit oder Bildungsaktivitäten teilzunehmen. Zudem fällt es den meisten KulturLegi-Nutzenden leicht, die Karte vorzuweisen – es kommt also kein Schamgefühl auf, als «bedürftig» wahrgenommen zu werden.
Nicht mehr vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen
«Die Studie belegt: Die KulturLegi ermöglicht die soziale Teilhabe», fasst Geschäftsstellenleiterin Marylise Schiesser zusammen. Mit sozialer Teilhabe ist gemeint, dass Personen trotz eingeschränkter finanzieller Mittel Aktivitäten unternehmen und so am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Das ist wichtig, weil Armut häufig dazu führt, dass sich Betroffene auf das Überlebensminimum in ihrem Alltag einschränken müssen und dadurch isoliert werden.
Dies bestätigt eine KulturLegi-Nutzerin in der Umfrage: «Ich kann trotz Geldmangel auch etwas unternehmen. Ich kenne so viele Familien, insbesondere Mütter, die sich solche Angebote ebenfalls nicht leisten können – obwohl sie nebst der Kinderbetreuung bis zu 80 Prozent arbeiten. Das Geld reicht nur, um die Alltagskosten zu decken.»
«Sind weiterhin auf Partnerschaften angewiesen»
Am häufigsten genutzt wird die KulturLegi zum Einkaufen: Die Karte berechtigt zum Zutritt in die Caritas-Märkte, wo Lebensmittel und Produkte des alltäglichen Bedarfs bis zu 70 Prozent günstiger sind als im herkömmlichen Supermarkt. Auch Sport-, Freizeit- und Kulturangebote sind beliebt.
Die Nutzung hängt allerdings stark von der Erreichbarkeit und vom Vorhandensein eines Angebots ab, wie die Befragung zeigt. So gibt es beispielsweise nicht in allen Regionen Rabatte auf Schwimmbäder, Museen oder Sportlager. Dazu Marylise Schiesser: «Wir sind weiterhin auf Partnerschaften angewiesen. Unser Ziel ist es, dass Menschen mit knappem Budget in allen Regionen der Schweiz vergünstigte Angebote nutzen und so am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.»
Die KulturLegi-Nutzenden selbst wünschen sich mehr Angebote für die ganze Familie sowie solche in Kombination mit einer Kinderbetreuung. Auch Ermässigungen auf den ÖV, auf sportliche Aktivitäten für Kinder oder den Veloverleih würden begrüsst. Ausserdem sollen die Angebote vermehrt in ländlichen Regionen vorhanden sein. Denn die Konzentration auf Städte birgt die Schwierigkeit, dass sich KulturLegi-Nutzende die Reisekosten in die Zentren nicht leisten können.
Grundsätzlich stellen die Befragten der KulturLegi aber ein ausserordentlich gutes Zeugnis aus. So sind 95 Prozent zufrieden damit, gar 99 Prozent würden sie weiterempfehlen. «Die hohe Zufriedenheit bestätigt, dass wir das Richtige tun», sagt Marylise Schiesser. «In Zeiten steigender Lebensmittelpreise, Mieten und Krankenkassenprämien ist die KulturLegi eine dringend notwendige, niederschwellige Massnahme zur Armutsbekämpfung, die wir unbedingt weiterentwickeln müssen.»
Geschrieben von Niels Jost, Mitarbeiter Medien- und Öffentlichkeitsarbeit, Caritas Schweiz
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Titelbild: Die KulturLegi ermöglicht einen Besuch im Schwimmbad.