Lebensmittelversorgung über die Grenzen hinweg
Der 50-jährige Danlyo ist täglich mit seinem Lastwagen unterwegs, um die Menschen in der Ukraine mit dem Nötigsten zu versorgen. Er ist einer von unzähligen Freiwilligen, welche die Hilfe der Caritas in der Ukraine möglich machen.
Normalerweise transportiert der ukrainische Lastwagenfahrer Danlyo Reznik* Güter für verschiedene Firmen. Doch jetzt ist nichts mehr normal: Jetzt ist Krieg. Und Danylo hat sich entschieden, als freiwilliger Fahrer für die Caritas zu arbeiten. Er möchte seinen Landsleuten helfen. Dafür setzt er sogar seinen eigenen Lastwagen ein. Kein unerhebliches Risiko: Wenn der beschädigt oder beschossen würde, verlöre er seine einzige Einnahmequelle. *Name geändert
Die Reise der Hilfsgüter
Danlyos tägliche Reise beginnt im polnischen Lublin beim riesigen – 3'000 Quadratmeter grossen – Warenlager der Caritas. Von dort bringt er Lebensmittelpakete über die Grenze in die Westukraine, nach Lutsk oder Rivne. Die wertvolle Ladung übergibt er in Warenlagern der ukrainischen Caritas.
Die Lebensmittel und Hygieneprodukte sowie Trinkwasser und Medikamente reisen in kleineren Lastern weiter in die verschiedenen Regionen. In verschiedenen Gegenden wird es für die Menschen immer schwieriger, Lebensmittel zu beschaffen. Läden sind nicht mehr offen, Landwirtschaft und Industrie produzieren nicht mehr. So sind sie auf Lebensmittel- und Trinkwasser-Lieferungen von Hilfswerken angewiesen, die in den Nachbarländern tätig sind. Caritas Polen organisiert mit Unterstützung von Caritas Schweiz diese Transporte über die Grenze hinweg.
Danlyo macht seine Arbeit gern. Obwohl es ein harter Job ist, möchte er weitermachen. «Wir schlafen, essen und leben im Truck. Immer auf der Strasse. Aber es ist befriedigend, denn wir können helfen. Die Menschen sind extrem dankbar. In einer Stadt haben die Leute uns auf den Knien gedankt, als wir ankamen und die Pakete verteilten.»
Polen und Ukrainer arbeiten Hand in Hand
Danlyo hilft auch beim Beladen des Lastwagens in Lublin. Oft machen die Freiwilligen das von Hand – Pakete von 10, 20, manchmal 30 Kilo. Alle helfen mit. «Mein Rücken schmerzt, aber es fühlt sich trotzdem gut an. Es gibt mir Kraft und lenkt mich ab.» Und er fügt hinzu: «Wenn wir – Polen und Ukrainer – Seite an Seite arbeiten, gibt es keinen Unterschied zwischen uns. Wir sind alle froh, dass wir helfen können.» Nach einer Pause sagt er, dass er sich nicht vorstellen könne, was passiert wäre, wenn die Polen nicht gewesen wären. «Sie haben uns sofort geholfen. Vorher wusste ich nicht, dass unsere Nachbarn solch gute Menschen mit so viel Herz und Mut sind.» Er wischt sich mit dem Ärmel über die Augen. «Wir verdanken ihnen viel.»
Im «Cross-Border-Hub» in Lublin ist der Dreh- und Angelpunkt der Caritas für humanitäre Güter. Die ukrainische Caritas meldet ihren Bedarf dem Logistik-Center. Caritas Polen kauft die Produkte auf lokalen Märkten und in den umliegenden Ländern ein. So soll auch die lokale Wirtschaft unterstützt werden.
Weitermachen trotz Risiko
Danlyo wird weiterhin für Caritas Hilfsgüter transportieren. Zum Glück ist ihm noch nie etwas passiert, obwohl zum Teil auch der Westen der Ukraine bombardiert wird. Sicherheit gibt es nicht in Kriegszeiten. Das weiss er.
«Die Menschen, die nun von der Ostukraine im Westen ankommen, sind in schlechter Verfassung», sagt Danlyo. Sie haben Schlimmes durchgemacht, dem Tod in die Augen geblickt. Sie sind geflüchtet nur mit dem, was sie auf dem Leib tragen. Ihr einziges Ziel: sich und ihre Kinder in Sicherheit bringen. Die Caritas hilft, die Leute mit dem Nötigsten zu versorgen. Und Danlyo trägt seinen Teil dazu bei.
Text: Lisa Fry, Bilder: Caritas Schweiz, Caritas Lublin, Caritas Deutschland