Jahresbericht 2024 - «Rechtsschutz für Armutsbetroffene»

Projekte für Menschen mit kleinem Budget

Ziel und Zweck der Angebote

Gemäss dem Bundesamt für Statistik waren im Jahr 2023 8,1 Prozent der Schweizer Bevölkerung – rund 708’000 Menschen – von Armut betroffen. Besonders häufig betroffen waren alleinlebende Personen, Einelternhaushalte mit minderjährigen Kindern, Menschen ohne nachobligatorische Ausbildung sowie Haushalte ohne Erwerbseinkommen. Die Armutsgrenze wird von den Richtlinien der Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) abgeleitet. Im Jahr 2023 lag sie bei durchschnittlich 2’315 Franken pro Monat für eine Einzelperson und 4’051 Franken für zwei Erwachsene mit zwei Kindern. Mehr als jede siebte Person der Bevölkerung (14,1 %) lebte in einem Haushalt mit Zahlungsrückständen und 6,3 Prozent in einem Haushalt mit mindestens zwei Arten von Zahlungsrückständen. Ein höheres Bildungsniveau und Einkommen verringern das Risiko von Zahlungsrückständen deutlich.

Caritas setzt sich dafür ein, Armut in der Schweiz wirksam zu bekämpfen. Unsere Angebote tragen dazu bei, die materielle Existenz von Armutsbetroffenen zu sichern, Rechtslösungen für Armutsgefährdete zu ermöglichen sowie durch gezielte Entlastungsmassnahmen zur finanziellen Stabilität und zum Wohlbefinden beizutragen. Ziel ist es, den Zugang zu Grundbedürfnissen sicherzustellen, soziale Teilhabe zu fördern und Eigenständigkeit zu stärken – insbesondere durch rechtliche Unterstützung, Entschuldung und professionelles Schuldenmanagement.

Zielgrupppen
  • Armutsbetroffene (Langzeitarbeitslose, Alleinerziehende, Working Poor, Senior/innen)
  • Regionale Caritas-Organisationen (RCO) und weitere Fachstellen die Armutsbetroffene/-gefährdete begleiten
  • Behörden die allgemein (Exekutive/Parlamente) oder im Einzelfall (Gerichte) rechtliche Entscheidungen bezüglich der Überschuldung von Privatpersonen treffen

Aktivitäten und Massnahmen

Helfen

  • Anonyme und kostenlose Schuldenberatung online oder per Hotline (SOS-Schulden)
  • Unterstützung der regionalen Caritas-Organisationen und Fachstellen in rechtlich komplexen Fällen
  • Gezielte Vertretung von mittellosen Personen vor Gericht
  • Gezielte Gewährung von Sanierungsdarlehen

Beeinflussen

  • Juristische Weiterbildung und Wissensaustausch unter den regionalen Caritas-Organisationen
  • Juristische Gutachten zuhanden des Dachverbands und des Bereichs "Grundlagen und Politik“ von Caritas Schweiz

Highlights 2024

Neues Team juristische Rückberatung

Nach dem Weggang von langjährigen Mitarbeitenden konnte die juristische Rückberatung im Sommer 2024 mit einem neuen, kompetenten Team erfolgreich weitergeführt werden. Die neuen Fachpersonen haben sich rasch in die bestehenden Strukturen und Themenfelder eingearbeitet und bringen fundierte Expertise aus verschiedenen Rechtsgebieten mit.

Das Team setzt sich aus zwei Anwälten und einer Juristin zusammen, die zusätzlich über Erfahrung in Kommunikation und Politik verfügen. Diese breite Fachkompetenz erlaubt es uns, die Beratungsleistungen gezielt weiterzuentwickeln und noch besser auf die individuellen Bedürfnisse der Mitglieder des Dachverbands Schuldenberatung Schweiz sowie deren Klientel einzugehen.

Pilotprojekt «Neustart»

Im Frühjahr 2024 haben die Alternative Bank Schweiz (ABS) und Caritas Schweiz gemeinsam das Pilotprojekt «Neustart» lanciert. Es richtet sich an überschuldete Menschen und bietet ihnen zinslose, rückzahlbare Darlehen sowie rechtliche Unterstützung bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche gegenüber Gläubigern.

Ziel des Projekts ist es, den Betroffenen neue Perspektiven zu eröffnen und ihnen den Weg aus der Schuldenspirale zu erleichtern. Bei Bedarf übernimmt «Neustart» Gerichts- und Anwaltskosten. Gesuche können ausschliesslich durch Fachpersonen eingereicht werden, die in Schuldenberatungsstellen arbeiten, welche dem Dachverband Schuldenberatung Schweiz angehören.

Mit diesem Projekt leisten ABS und Caritas einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Lebenssituation von sozial benachteiligten Menschen.

Beiträge über «Neustart» in den Medien

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Prozent

der Bevölkerung lebt in einem Haushalt mit Zahlungsrückständen

(2024)

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Juristische Rückberatungen

für Mitglieder des Dachverbands Schuldenberatung

(2024)

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Telefonische Schuldenberatungen

via SOS-Hotline

(2024)

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Online-Schuldenberatungen

via Online-Formular

(2024)

Weitere Projekte im Jahr 2024

Juristische Rückberatung

Auch im Jahr 2024 haben die Mitarbeitenden der Mitglieder des Dachverbands Schuldenberatung Schweiz wertvolle juristische Fachberatung erhalten, um komplexe Fragen aus der Praxis zu klären. Diese Unterstützung wurde von erfahrenen Rechtsanwältinnen und Juristen der Caritas Schweiz erbracht.

Die Anfragen umfassten ein breites Themenspektrum rund um die Lebensrealität von schuldenbetroffenen und/oder sozialhilfebeziehenden Haushalten. Besonders häufig wurden folgende Bereiche behandelt:

  • Betreibungen: z. B. fehlerhafte Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums oder unzulässige Pfändungsverfügungen durch Betreibungsämter
  • Sozialhilfe: Fragen zur Rechtmässigkeit von Kürzungen, Streichungen oder Rückforderungen
  • Krankenkassen: u. a. solidarische Haftung von Angehörigen, Doppelversicherungen oder Privilegierung bei Sanierungen
  • Sozialversicherungen: etwa die Zulässigkeit von Verrechnungen oder der Umgang mit Vorsorgeguthaben im Betreibungsverfahren
  • Ungerechtfertigte Forderungen: z. B. Abwehr unberechtigter Verzugsschäden durch Inkassobüros
  • Schuldensanierungen: rechtliche Fragen zu Nachlassverträgen, einvernehmlichen Schuldenbereinigungen und Konkursverfahren

Im Jahr 2024 wurden insgesamt 373 juristische Rückberatungen durchgeführt – davon 219 im Bereich Schuldenrecht und 54 im Bereich Sozialhilferecht. Diese Zahlen verdeutlichen die wichtige Rolle, die die juristische Fachberatung im Rahmen der Schuldenprojekte spielt und unterstreichen den hohen Unterstützungsbedarf für die Mitarbeitenden des Dachverbandes Schuldenberatung Schweiz.

SOS-Schulden

Im Rahmen des Projekts «SOS-Schulden» wurden 2024 insgesamt 1’772 Telefonberatungen und 1’313 Onlineberatungen durchgeführt. Das Angebot bietet eine niederschwellige Anlaufstelle für überschuldete Menschen – telefonisch über eine kostenlose 0800-Nummer oder online über ein Kontaktformular auf der Website. Die Anfragen werden anhand der Postleitzahl automatisch an die zuständige regionale Schuldenberatungsstelle weitergeleitet. Die Beratung konzentriert sich auf grundlegende Fragen; bei komplexeren Anliegen werden die Ratsuchenden an eine persönliche Beratung vor Ort verwiesen. Die nationale Telefon-Hotline ist von Montag bis Donnerstag zwischen 10.00 und 13.00 Uhr erreichbar. Die Beratung ist vertraulich und kostenlos.

Caritas Schweiz hat mit elf Partnern, davon sieben Fachstellen und vier Caritas-Regionalstellen, Leistungsverträge abgeschlossen. Diese Partner stellen die Telefon- und Onlineberatung sicher und garantieren eine professionelle und rasche Bearbeitung der Anfragen.

Entwicklung SOS-Beratungen

Ausblick 2025

Auch im Jahr 2025 verfolgen wir das Ziel, den Rechtsschutz und die Unterstützung für armutsbetroffene Menschen weiter zu stärken. Im Zentrum steht der Aufbau eines nationalen, leicht zugänglichen Kompetenzzentrums für rechtliche Fragen im Bereich Armut. Dieses soll allen relevanten Zielgruppen – darunter Betroffene, Fachpersonen, Behörden, Hochschulen und weitere Partner – umfassende Beratung und Unterstützung bieten.

Ein Schwerpunkt wird darauf liegen, den Zugang zu juristischer Beratung weiter zu vereinfachen. Durch die Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen und Institutionen möchten wir sicherstellen, dass Betroffene frühzeitig Hilfe erhalten, um ihre finanzielle Lage nachhaltig zu verbessern.

Gleichzeitig wollen wir die Öffentlichkeitsarbeit intensivieren. Ziel ist es, das Bewusstsein für Überschuldung zu schärfen und präventive Massnahmen stärker in den Fokus zu rücken. Mit Informationskampagnen sowie dem Dialog mit Medien und Politik setzen wir uns dafür ein, unsere Anliegen breiter zu verankern.

Unsere Beratungsangebote werden wir kontinuierlich weiterentwickeln. Dabei orientieren wir uns an den Bedürfnissen der Ratsuchenden und setzen auf innovative Lösungen, um die Wirkung unserer Unterstützung zu erhöhen. Ein besonderes Augenmerk liegt auf neuen Partnerschaften zur Bekämpfung struktureller Probleme. Zudem möchten wir das in der Justiz tätige Personal gezielt für die Lebenslagen armutsbetroffener Menschen sensibilisieren und weiterbilden.

Dank

Wir danken allen Partnern, insbesondere der ABS, für die erfolgreiche Zusammenarbeit bei der Lancierung von «Neustart». Unser Dank gilt auch dem Geschäftsleiter, dem Vorstand und den Mitgliedern des Dachverbands Schuldenberatung Schweiz für ihre wertvolle Unterstützung. Ein besonderer Dank geht an die regionalen Caritas-Organisationen, die wesentlich zum Erfolg unserer Projekte beigetragen haben.

Wir freuen uns auf die Fortsetzung dieser Zusammenarbeit im kommenden Jahr.