Ein innovatives Projekt für abgewiesene Asylsuchende
Abgewiesene Asylsuchende, welche die Schweiz nicht verlassen möchten oder können, erhalten nur noch minimale staatliche Unterstützung, die sogenannte Nothilfe. Oft sind sie unter prekären Bedingungen in Kollektivunterkünften untergebracht und leiden aufgrund der Perspektivlosigkeit ihrer Situation häufig unter psychischen und gesundheitlichen Problemen. Um diesen entgegenzuwirken und gleichzeitig neue Perspektiven zu schaffen, hat der Kanton Schwyz die Caritas Rückkehrberatungsstelle mit der Umsetzung eines innovativen Projekts beauftragt.
Die Situation von abgewiesenen Asylsuchenden in der Schweiz ist schwierig. Mit dem negativen Asylentscheid werden Hoffnungen auf eine sichere Zukunft in der Schweiz schlagartig zunichte gemacht. Wer sich gegen eine Ausreise stellt, kann zudem nur noch die sogenannte Nothilfe beziehen, eine minimale Unterstützung von acht bis zehn Franken pro Tag. Dazu kommt eine Unterkunft oft unter prekären Bedingungen in sogenannten Nothilfezentren, ein Arbeitsverbot und nur notfallmässige medizinische Versorgung. Trotzdem gibt es Betroffene, die sich mit diesen harschen Bedingungen abfinden. Manche aber verfallen aufgrund der Perspektivenlosigkeit zusehends in Lethargie oder leiden an psychischen und gesundheitlichen Folgen. Das verunmöglicht eine aktive und realistische Auseinandersetzung mit der aktuellen Situation.
Gemeinnütziger Arbeitseinsatz
Um dem entgegenzuwirken, wählte Markus Blättler, Vorsteher des Amtes für Migration Schwyz, einen neuen Ansatz: Seit März 2021 können Personen, die sich seit mindestens einem Jahr in der Nothilfe befinden, von jeweils März bis November gemeinnützige Arbeiten wie Waldräumungen, Landschaftspflege und Neophyten-Bekämpfung, aber auch Einsätze in einem Altersheim verrichten.
Dieses Arbeitsmodell für Langzeit-Nothilfebeziehende ist jeweils für alle Teilnehmenden vertraglich geregelt, klar befristet und als Rückkehrprojekt definiert. Dies geschieht im Rahmen eines Beschäftigungsprogrammes, welches die Caritas Fachstelle Bildung und Integration, ebenfalls im Auftrag des Kantons Schwyz, bereits für Migrantinnen und Migranten mit geregeltem Aufenthaltsstatus anbietet.
Die eigene Situation neu betrachten
Für die Betroffenen bedeutet die Teilnahme am Beschäftigungsprojekt die Möglichkeit, einer regelmässigen Beschäftigung nachzugehen und damit wieder eine geordnete Tagesstruktur erlangen zu können. Die körperlich anspruchsvolle Arbeit wirkt sich positiv auf ihre psychische Verfassung aus und hilft, der Untätigkeit, zu der sie aufgrund ihres illegalen Status in der Schweiz verurteilt sind, ein wenig zu entgehen.
Neben der Einbettung in eine regelmässige Tagesstruktur liegt ein weiterer Fokus auf dem selbständigen Erarbeiten eines Startkapitals für eine eventuelle, spätere Rückkehr. Dieses wird auf einem eigenen Konto gesammelt und vor einer Ausreise an die teilnehmende Person ausbezahlt. «Die Mitarbeit im Beschäftigungsprogramm bewirkt oftmals eine spürbare Verbesserung der Befindlichkeit der teilnehmenden Person. Dies zeigt sich auch beim Kontakt mit der Rückkehrberatung: Es ermöglicht uns, mit unseren Klienten und Klientinnen über längere Zeit in einen offenen Dialog zu treten, mit ihnen unbelasteter über alle ihnen offenstehenden Handlungsoptionen sprechen und so eine Vertrauensbasis zu schaffen» sagt ein Caritas-Mitarbeiter, der bei der Rückkehrberatungsstelle das Projekt begleitet.
Zurzeit sind im Kanton Schwyz acht Personen aus der Nothilfe im Projekt angemeldet. Sie stammen aus Irak, Somalia, Algerien, Tibet und Eritrea. Eine Person ist bereits in ihr Heimatland ausgereist. Viele Betroffene reagierten zu Beginn skeptisch auf das Angebot, einige sogar mit offener Ablehnung. Mittlerweile aber erhält die Rückkehrberatung mehrheitlich positives Feedback seitens der Teilnehmenden, mit denen sie in regelmässigem Austausch im Hinblick auf eine mögliche Rückkehr steht.
Durch die Teilnahme am Programm erhalten sie die Möglichkeit, sich aus einer oft jahrelangen Stagnation zu befreien und ihre Situation neu zu betrachten. Und mittels des angesparten Geldes können sie ihre Perspektiven für die Rückkehr in ihr Heimatland verbessern.
Positives Feedback kommt aber nicht nur von den Teilnehmenden: Das Projekt konnte im Herbst 2021 einer europäischen Delegation aus dem Rückkehrbereich vorgestellt werden. Dabei war ersichtlich, dass das Projekt nicht nur schweizweit ein Novum zu sein scheint, sondern auch über die Landesgrenzen hinaus Schule machen könnte.
Geschrieben von Andreas Ackermann
Titelbild: © Georg Hofer