

«Die praktischen Tipps helfen mir»
In der Schweiz pflegen über eine halbe Million Menschen ein Familienmitglied. Auch Urs Baumeler kümmert sich jeden Tag um seine Frau Bernadette, die an Multipler Sklerose erkrankt ist. Von der Caritas wird er fachlich betreut – und erhält einen Lohn.
Die Krankheit kam schleichend. Bereits mit 18 Jahren machte sich bei Bernadette Baumeler Multiple Sklerose bemerkbar. Heute ist die 64-Jährige auf einen Rollstuhl angewiesen – und auf die Hilfe ihres Mannes Urs. Der 63-Jährige unterstützt sie beim Aufstehen, Duschen, Anziehen, bei der Toilette, der Mobilisation und vielem mehr. Rund um die Uhr ist der frühpensionierte IT-Spezialist für seine Frau da. «Eine Selbstverständlichkeit», wie er sagt. «Meine Frau trägt mich ja auch.» Zwar füllt die Pflege nicht den ganzen Tag von Urs Baumeler, «aber ich habe auch keine längeren Pausen. Es gibt immer etwas, bei dem Bernadette Hilfe benötigt.»
«Es gibt immer etwas, bei dem Bernadette Hilfe benötigt.»Urs Baumeler
In der Schweiz pflegen und betreuen rund 600 000 Personen ein Familienmitglied. Dafür erhalten sie jedoch keinen Lohn, und sie sind oft auf sich allein gestellt. Viele pflegende Angehörige reduzieren zudem ihr Arbeitspensum, was Erwerbseinbussen und eine fehlende soziale Absicherung zur Folge haben kann. Dieses Armutsrisiko möchte Caritas Schweiz reduzieren. Sie stellt pflegende Angehörige zu einem Stundenlohn von 35.50 Franken an und zahlt in die Sozialversicherungen ein. Die Finanzierung erfolgt über das Gesundheitswesen, nicht durch Spenden. Urs Baumeler hält dies für ein «wichtiges Zeichen der Anerkennung»; für Bernadette Baumeler wiederum ist es eine mentale Entlastung, zu wissen, dass das Engagement ihres Mannes auch finanziell gewürdigt wird.
Fachliche Begleitung durch Pflegefachfrau
Bei jeder Organisation würde sich Urs Baumeler allerdings nicht anstellen lassen: «Die Caritas habe ich ausgewählt, weil sie eine Non-Profit-Organisation ist und keinen Gewinn erwirtschaftet.» Neben dem Lohn erhält Urs Baumeler von der Caritas eine professionelle Begleitung durch die Pflegefachfrau Rita Kurmann. Sie macht regelmässige Hausbesuche, beantwortet Fragen und bespricht den Umgang mit belastenden Situationen.

«Die praktischen Tipps helfen mir ungemein», sagt Urs Baumeler. «Übt man jeden Tag dieselben Tätigkeiten aus, merkt man gar nicht, wenn man etwas falsch macht. Ritas fachlicher Blick von aussen ist da sehr hilfreich. Das gibt mir Sicherheit.»
In der Schweiz gibt es immer mehr Organisationen, die pflegende Angehörige anstellen. Auch die Caritas ist in den Kantonen Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Bern, Luzern, Zug, Schwyz, Uri, Nid- und Obwalden tätig. Die Regionen Zürich und Aargau folgen bald.
Im Unterschied zu gewinnorientierten Unternehmen ist es das Ziel der Caritas, die Kosten für die Krankenkassen und die öffentliche Hand so tief wie möglich zu halten. Das ist möglich, weil die Caritas keinen Profit erwirtschaftet. Die erzielten Erlöse werden verwendet, um die Löhne der Pflegefachpersonen, den administrativen Aufwand sowie kostenlose Weiterbildungskurse für pflegende Angehörige zu finanzieren.
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Titelbild: Bernadette Baumeler ist an Multipler Sklerose erkrankt. Im Alltag ist sie auf die Unterstützung ihres Ehemannes Urs angewiesen. © Alexandra Wey