Bildung darf kein Privileg sein

Caritas kritisiert massive Ungleichheit beim Zugang zu Weiterbildung

Erwachsenen mit geringen Einkommen bleibt die Chance auf eine Weiterbildung vielfach verwehrt. Das ist eine stossende Ungleichheit, denn Bildung spielt eine zentrale Rolle im Kampf gegen Armut. In einem neuen Positionspapier fordert Caritas Schweiz Massnahmen, welche die Bildungschancen von Menschen mit knappen finanziellen Mitteln gezielt fördern.

In keinem anderen europäischen Land sind die Bildungschancen so ungleich verteilt wie in der Schweiz. Besserverdienende profitieren mehr als doppelt so häufig von einer Weiterbildung, die vom Arbeitgeber unterstützt wird, als Geringverdienende. Beim Bildungsstand ist die Ungleichheit noch grösser: Von den Erwachsenen ohne nachobligatorischen Abschluss nehmen nur 16,4 Prozent an Weiterbildungen teil, bei jenen mit einem Hochschulabschluss sind es vier Mal so viel, nämlich 61,7 Prozent. Dies zeigen Zahlen des Bundesamts für Statistik.

«Wir können es nicht oft genug betonen: Armut ist kein individuelles Versagen, sondern ein gesellschaftliches Problem. Das zeigt sich gerade auch im Bildungsbereich», sagte Peter Lack, Direktor von Caritas Schweiz, am Dienstag an einer Medienkonferenz in Bern.

In einem neuen Positionspapier zeigt die Caritas auf, wie Armut den Zugang zu Bildung geradezu blockiert. Den betroffenen Menschen fehlen Zeit und Geld für den Besuch von Kursen oder Weiterbildungen. Auch teure Kinderbetreuungsangebote und unzureichende öffentliche Finanzierungshilfen verbauen ihnen die Teilnahme an Qualifizierungsmassnahmen. Zudem erschweren lückenhafte Grundkompetenzen ein lebenslanges Lernen stark.

Mit dieser Problematik sind die regionalen Caritas-Organisationen in der ganzen Schweiz tagtäglich konfrontiert. «Wir können diese strukturellen Probleme in unseren Sozialberatungen nicht beheben. In manchen Fällen können wir aber die Situation der Menschen, die sich an uns wenden, deutlich verbessern», sagt Pierre-Alain Praz, Direktor der Caritas Waadt. Er weist insbesondere auf die grossen Herausforderungen hin, die sich armutsbetroffenen Menschen beim Zugang zur digitalen Welt stellen. Die Caritas bietet in verschiedenen Regionen diverse Angebote, in denen Betroffene ihre Grundkompetenzen verbessern können und Unterstützung bei der beruflichen Integration erhalten.

Doch Caritas fordert auch Politik und Wirtschaft zum Handeln auf. «Bildung darf kein Privileg sein – es braucht faire Chancen für Menschen in Armut», unterstreicht Peter Lack. Nötig sind zum Beispiel existenzsichernde Stipendien für Menschen mit knappem Budget. Damit könnten nicht nur die eigentlichen Kurskosten gedeckt werden, sondern auch der Erwerbsausfall. Für Eltern braucht es Beiträge für die Kinderbetreuung. Auch die Arbeitgeber fordert Peter Lack zum Handeln auf, damit sich die soziale Kluft in unserer Gesellschaft nicht weiter vergrössert: «Unternehmen tragen eine zentrale soziale Verantwortung, die berufsbezogene Aus- und Weiterbildung zu fördern – und zwar für alle Mitarbeitende.» Das Positionspapier «Bildungschancen verbessern, Armutsrisiken verringern» können Sie unter www.caritas.ch/positionspapier-bildung herunterladen.

Daria Jenni

Mediensprecherin

+41 76 233 45 04medien@caritas.ch

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Titelbild: © Thomas Plain