Für Flüchtlinge aus Venezuela steigt die Gefahr von Menschenhandel 

Migration birgt viele Risiken

Trotz Grenzschliessungen während der Pandemie haben bis heute mehr als 6 Millionen Venezolanerinnen und Venezolaner ihr Land verlassen. Für ihre Hoffnung auf ein besseres Leben in den Aufnahmestaaten nehmen sie viel in Kauf. Die Herausforderung, sie vor Menschenhandel zu schützen, ist gross.

Laut dem Bericht des Globalen Index der organisierten Kriminalität 2021 hat sich der Menschenhandel zum weltweit am weitesten verbreiteten kriminellen Wirtschaftszweig entwickelt. Allein in der Region Lateinamerika und der Karibik sind es beinahe eineinhalb Millionen Menschen, die im Zusammenhang mit der Migration Schutz vor Menschenhandel benötigen.

2020 haben die Länder um Venezuela ihre Grenzen wegen der Pandemie geschlossen. Ab 2021 wurden sie grösstenteils wieder geöffnet. Diese Mobilitätsbeschränkungen und die Verschärfung der wirtschaftlichen und sozialen Krise aufgrund von COVID-19 haben venezolanische Migrierende dazu veranlasst, zunehmend über irreguläre und gefährliche Routen, den so genannten «Trochas», in ihre Zielländer zu reisen. In den Grenzregionen treffen sie auf eine Vielzahl von bewaffneten Gruppen oder kriminellen Banden, welche die Gebiete kontrollieren und eine sichere Durchreise beeinträchtigen. 

Das Risiko Opfer von Menschenhandel zu werden erhöht sich dadurch enorm - auch aufgrund der geringen staatlichen Präsenz. Besonders betroffen sind Menschen, die von Venezuela nach Kolumbien migrieren, wo sich der bewaffnete Konflikt in den instabilen Grenzregionen ausbreitet. Laut Human Rights Watch kam es in den ersten Monaten des Jahres 2022 zu einem dramatischen Anstieg von Gewalt, der Tausende zur weiteren Flucht veranlasst hat. Aber auch Gebiete innerhalb Kolumbiens, seine Grenzübergänge zu Panama und Ecuador oder der Grenzübergang zwischen Ecuador und Peru sind weitere Beispiele von Regionen, die einen Anstieg der Fälle von Menschenhandel verzeichnen.

Gefahren in den Grenzregionen

Für die durchreisenden Migrantinnen und Migranten besteht die Gefahr, Opfer von Überfällen, Erpressung oder Missbrauch zu werden. Frauen, Kinder und Jugendliche sind am stärksten von sexueller Ausbeutung als Hauptform des Menschenhandels betroffen. Sie sind nicht nur Opfer von Menschenhandel, sondern auch von sexualisierter Gewalt und werden zur Prostitution gezwungen. Es gibt weitere Formen der Ausbeutung wie die Zwangsarbeit, Organhandel oder die Zwangsbettelei vor allem bei kleinen Kindern. Besonders gefährdet dafür sind unbegleitete Kinder, wenn sie nach der Trennung von ihrer Familie Gefahren schutzlos ausgesetzt sind.

Die lokalen Behörden haben oftmals nur begrenzte Möglichkeiten, die verantwortlichen kriminellen Gruppen strafrechtlich zu verfolgen. Die Betroffenen erstatten aus Angst vor Repressalien oder aus Unkenntnis der Meldemechanismen nur selten eine Anzeige. Des Weiteren fehlt den zuständigen Stellen häufig die nötige Erfahrung, um das Verbrechen zu erkennen, und sie kennen sich zu wenig mit der Gefahr des Menschenhandels aus. Für einen besseren Schutz der Migranten und Migrantinnen ist eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Behörden, die Identifikation und Weiterleitung von Fällen als auch der Zugang zu Informationen über Schutz- und Meldemechanismen notwendig.

Unterstützung von Caritas Schweiz

Caritas Schweiz und die lokalen Partnerorganisationen setzen sich dafür ein, dass venezolanische Bürger und Bürgerinnen, die ihr Land verlassen möchten, über mögliche Gefahren auf den Migrationsrouten aufgeklärt sind sowie Hinweise für eine sichere Reise erhalten. Unterstützt werden auch Flüchtlinge, die sich bereits in den Aufnahmeländern wie Kolumbien, Peru und Brasilien befinden. Um ihren Schutz zu erhöhen, erhalten sie wichtige Informationen zu Migrationsprozessen und -verfahren und eine rechtliche Beratung zu Themen wie Kindsschutz, illegale Arbeitsbedingungen oder Gewalt und Ausbeutung.

Des Weiteren erhalten venezolanische Flüchtlinge Busfahrkarten für einen sicheren Transport zu ihrem nächsten Zielort. Dieser sogenannte humanitäre Transport verringert ihr Risiko, in die Hände von Schleppern und Menschenhändlern zu geraten. Um die Migrierenden weiter zu stärken, erhalten sie auch Fahrkarten für Angehörige, damit eine Familienzusammenführung möglich wird. Für die besonders gefährdete Gruppe der Kinder und Jugendlichen bieten Unterkünfte entlang der Migrationsrouten sichere Schlafplätze an, um sie vor Missbrauch und Ausbeutung zu schützen.

Geschrieben von Sabrina Mäder

Titelbild: © Felipa Larozza