Il ne rest que le toit de la maison d'Elise Marie Leni.
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Haiti: 2'000 Familien erhielten Hilfe

Fünf Monate nach dem Erdbeben im Südwesten von Haiti

Einmal mehr wurde Haiti Anfang August letzten Jahres von einer folgenschweren Katastrophe heimgesucht. Ein Erdbeben und ein nachfolgender Tropensturm brachte 650'000 Menschen in grosse Not, während die Bevölkerung ohnehin schon von gravierenden Versorgungsengpässen gebeutelt war. Gezielte Nothilfe der Caritas Schweiz und ihren lokalen Partnern, unterstützt von der Glückskette, trug dazu bei, die Situation zu verbessern, wie auch eine Befragung der Begünstigten zeigt.

Das Erdbeben der Stärke 7,2 erschütterte am 14. August die südwestliche Region Haitis. Das Epizentrum befand sich etwa 125 Kilometer westlich der Hauptstadt Port-au-Prince. Die am stärksten betroffenen Départements Sud, Nippes und Grand’Anse verzeichneten mehr als 2'200 Todesopfer und über 12'000 Verletzte. Rund 53'000 Häuser wurden zerstört und weitere 77'000 beschädigt. Zudem wurden schwere Schäden an öffentlichen Gebäuden, darunter Krankenhäuser und Schulen, der Strasseninfrastruktur und der Wasserversorgung gemeldet. Der Tropensturm Grace, der wenige Tage darauf über Haiti zog, löste durch seine Starkregenfälle zahlreiche Schlammlawinen und Erdrutsche aus. Viele Felder, Lager- und Verarbeitungsstätten, zentral für die Ernährungssicherheit und den Lebensunterhalt der Bevölkerung, wurden zerstört. Dies verschlimmerte die Situation und erschwerte die Erstversorgung der rund 650'000 auf Soforthilfe angewiesenen Betroffenen in den drei Départements zusätzlich.

Nebst wiederkehrenden Naturkatastrophen, einschliesslich Erdbeben, Dürren, Überschwemmungen und Hurrikanen, hat Haiti mit politischen und wirtschaftlichen Krisen zu kämpfen. Mit der Ermordung des Präsidenten Jovenel Moïse im Juni 2021 verschärfte sich die politische Instabilität und Sicherheitslage drastisch. Blockaden der Treibstoffreserven durch kriminelle Banden führten im Herbst zu Versorgungsengpässen und steigenden Lebensmittelpreisen. Insgesamt litten knapp 40 Prozent der ungefähr 11,4 Millionen Bewohnerinnen und Bewohner Haitis im September 2021 unter starker akuter Ernährungsunsicherheit.

Bargeld für den dringendsten Bedarf

Zwischen September und November 2021 leistete Caritas Schweiz in Zusammenarbeit mit den lokalen Partnerorganisationen AHAAMES (Association Haitienne d’Assistance Agricole, Médicale, Educative et Sociale) und Caritas Cayes, unterstützt von der Glückskette, Humanitäre Hilfe in zwei Gemeinden des Départements Sud. Haushalte, die Todesfälle oder Schwerverletzte beklagten, ihr Obdach verloren hatten oder von alleinstehenden Frauen geführt wurden, erhielten prioritär Hilfe. Das Projekt unterstützte mit Bargeld und elementaren Gütern rund 2'000 betroffene Familien und verteilte Hygieneartikel und Medikamente an 15 lokale Gesundheitszentren. Mit der Unterstützung von knapp 100 Franken pro Haushalt können sich diese eigenständig und zeitnah beschaffen, was am dringendsten benötigt wird. Haushalte, die noch keine Unterstützung für eine Notunterkunft erhalten hatten, bekamen ausserdem ein Paket, das aus einer Plane sowie einer tragbaren Solarlampe bestand.

Verteilung als fair wahrgenommen

Vor und während des Verteilungsprozesses informierten die Projektmitarbeitenden darüber, nach welchen Kriterien die Begünstigten ausgewählt wurden und an welche Kontaktstellen sie sich bei Fragen und Anliegen wenden können. Die beiden Partnerorganisationen AHAAMES und Caritas Cayes führten Anfang Dezember nach der Verteilungsaktion eine Studie zu den Wirkungen der Nothilfeaktivitäten durch. Die meisten Haushalte hatten mit dem Geld Lebensmittel gekauft, um ihre Familien zu ernähren. Andere führten kleine Reparaturen an ihren Häusern durch, kauften sich landwirtschaftliche Betriebsmittel oder Tiere zur Viehzucht, bezahlten Schulden oder das Schulgeld und -material für ihre Kinder. Eine grosse Mehrheit der befragten Projektteilnehmenden nahm den Verteilungsprozess als fair wahr. Dank der guten Planung und den Bemühungen aller beteiligten Akteure verlief das Projekt bis auf einige besondere Herausforderungen – so etwa für Personen mit eingeschränkter Mobilität oder in Einzelfällen aufgrund von Missgunst zwischen Nachbarn – reibungslos.

Nun folgt der Wiederaufbau

Fünf Monate nach den Ereignissen im August sind die Folgen der Naturkatastrophen sowie der generell schwierigen soziopolitischen und wirtschaftlichen Lage spür- und sichtbar. In der Folge wird sich Caritas Schweiz in Zusammenarbeit mit Partnern vor Ort nach Möglichkeit im längerfristigen Wiederaufbau und in der Stärkung der Resilienz der Bevölkerung engagieren. Weiterführende Projekte im Südwesten Haitis sind in Planung und in bereits laufende Projekte werden Wiederaufbaukomponenten integriert.

Geschrieben von Lynn Julen

Titelbild: Nur das Dach blieb übrig von Elise Marie Lenis Haus. © Pamela Stathakis/Caritas Schweiz