Ein Verfahren zur Schuldenbefreiung

Änderung im Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz

Hochverschuldete Menschen ohne Sanierungsaussicht sollen ihre Schuldensituation bereinigen können und eine zweite Chance auf ein schuldenfreies Leben erhalten. Caritas Schweiz begrüsst den entsprechenden Gesetzesentwurf im Grundsatz. Entscheidend ist jedoch die Ausgestaltung des Verfahrens.

Eine Überschuldung kann jede und jeden treffen. Ein tiefes und unsicheres Einkommen, kritische Lebensereignisse wie eine Trennung oder Scheidung, Arbeitslosigkeit, Krankheit oder ein Unfall können Menschen in die Überschuldung führen.

Viele überschuldete Menschen haben in der Schweiz mit den bestehenden Verfahren immer weniger Aussichten auf eine Schuldensanierung. Die Erfahrungen der Schuldenberatungsstellen der Caritas zeigen, dass ein Leben mit Schulden für die Betroffenen zunehmend als einzige Möglichkeit bleibt.
Gemäss Statistik des Dachverbandes Schuldenberatung Schweiz sind 51 Prozent mehr als sechs Jahre, 26 Prozent sogar länger als zehn Jahre verschuldet. Working Poor, Arbeitslose, Menschen mit gesundheitlichen Problemen oder nach einer Scheidung verfügen in vielen Fällen über zu tiefe Einkommen, um die Schulden sanieren zu können.

In Mitleidenschaft eines überschuldeten Haushaltes werden auch immer Kinder gezogen. Bei 41 Prozent der Menschen, die von der Überschuldung betroffen sind, handelt es sich um Kinder. Auch sie leben über Jahre am Existenzminimum.

Auswirkungen einer Überschuldung

Ein Leben mit Überschuldung und am Existenzminimum hat negative Auswirkungen auf viele Lebensbereiche. Oft beeinflussen und verstärken sich die Effekte gegenseitig. Erwiesen ist, dass sich eine Überschuldung psychisch und physisch auswirkt. So sind überschuldete Menschen häufiger krank, müssen aber gleichzeitig – aufgrund des Selbstbehaltes und der hohen Franchise – auf therapeutische Massnahmen verzichten. Dadurch leidet ihre Gesundheit zusätzlich, Krankheiten werden chronisch und es entstehen Mehrkosten.

Durch den Druck der Überschuldung entstehen häufig zusätzlich familiäre Konflikte oder bestehende werden verstärkt. Ein Leben am Existenzminimum bedeutet eine Einschränkung der Handlungsspielräume und der Teilnahme am gesellschaftlichen und kulturellen Leben.

Schuldensituationen bereinigen

Die vom Bundesrat vorgeschlagene Schaffung eines Verfahrens, mit dem hochverschuldete Menschen ohne Sanierungsaussicht ihre Schuldensituation bereinigen können und eine zweite Chance auf ein schuldenfreies Leben erhalten, unterstützt Caritas Schweiz im Grundsatz klar. Im Gegensatz zu den meisten europäischen Ländern verfügt die Schweiz derzeit nicht über ein solches Instrument. In ihrer Vernehmlassungsantwort an den Bundesrat zeigt die Caritas aber auf, dass die Ausgestaltung des Verfahrens entscheidend ist: Es braucht eine realistische Perspektive, damit Schuldnerinnen und Schuldner ein solches Verfahren ohne Abbruch und Neuverschuldung durchstehen können. Ebenso sollen die bestehenden Verfahren durch das neue Verfahren nicht ausgehöhlt werden. Denn um dem Einzelfall gerecht zu werden und dementsprechend nachhaltige Lösungen finden zu können, bedarf es notwendigerweise unterschiedlicher Instrumente. 

Für das Gelingen der Entschuldungsverfahren müssen aus Sicht der Caritas einige Punkte im Vorentwurf angepasst werden. Entscheidend für ein funktionierendes Verfahren ist, dass die verschuldeten Personen eine sozialarbeiterische Begleitung in Anspruch nehmen können. Zudem soll die Verfahrensdauer drei Jahre nicht überschreiten und Sozialhilfeschulden dürfen nicht vom Restschuldbefreiungsverfahren ausgeschlossen werden.

Geschrieben von Andreas Lustenberger

Titelbild: © Thomas Plain