Im Auftrag des Kantons Freiburg betreut Caritas Schweiz zurzeit 1600 Flüchtlinge, 342 davon sind zwischen 16 und 25 Jahren alt. Integrationsberaterinnen und -berater begleiten sie auf dem Weg zu ihrer beruflichen Integration und unterstützen sie bei verschiedensten Aufgaben: von der Anerkennung von Abschlüssen über die Suche nach Praktikumsstellen oder Plätzen in Sprachkursen bis zum Kontakt mit Arbeitgebenden und der Vertragsunterzeichnung. Einer von ihnen ist Patrick Bussmann.
Patrick Bussmann, Sie arbeiten täglich mit jungen Flüchtlingen im Alter zwischen 16 und 25 Jahren. Was bereitet ihnen am meisten Schwierigkeiten auf dem Weg zur Integration?
Ganz klar die mangelnden Schulkenntnisse. Man muss sich nur vor Augen führen, dass diese jungen Menschen oft monatelang auf der Flucht waren, bevor sie in Europa ankamen. Ganz zu schweigen von den selten guten Rahmenbedingungen für Schulbildung in ihren Herkunftsländern. Zum Glück machen sie die schlechten Startbedingungen häufig durch ihre grosse Motivation wieder wett. Doch es gibt noch viele andere Sorgen, die die jungen Menschen umtreibt: der Familiennachzug, die Suche nach vermissten Angehörigen, die fehlende Wohnung. Manche haben noch nie eine Schule besucht und machen deshalb nur langsam Fortschritte. Wenn sich ihre Situation nicht innerhalb kurzer Zeit verbessert, besteht die Gefahr, dass sie den Mut verlieren.
Wie werden sie betreut?
Zunächst einmal gilt es sich kennenzulernen und eine Beziehung aufzubauen. Dafür braucht es einige persönliche Begegnungen. Gemeinsam erarbeiten wir dann einen Aktionsplan und ein Bewerbungsdossier. Ich erläutere dem jungen Flüchtling, welche Massnahmen geeignet sind, um den Plan umzusetzen und versichere ihm, dass ich ihn dabei begleiten werde. Mein Beruf ist der eines Generalisten: Ich stelle Anträge für die Anerkennung von Abschlüssen, suche Plätze in Sprachkursen oder Praktika in Unternehmen, unterstütze die jungen Menschen bei der Suche nach einem möglichen Arbeitsplatz, beim Abschluss eines Arbeitsvertrags und im Hinblick auf ihre Arbeitserlaubnis. Ich stelle den Erstkontakt zu den Unternehmen her und unterstütze sie bei der Vorbereitung eines Bewerbungsgesprächs für ein Praktikum. Das Ziel ist immer Unabhängigkeit zu erreichen. Ich stehe den Flüchtlingen beratend zur Seite, aber die Integrationsarbeit müssen sie selber leisten. Wer dabei keine Hilfe benötigt, dem überlasse ich selbstverständlich die Initiative.
Wie laufen die Kontakte mit den Arbeitgebern ab?
Viele Arbeitgeber sind sehr aufgeschlossen gegenüber Flüchtlingen und bereit, sich einzubringen – vorausgesetzt die jungen Menschen zeigen Engagement und sind motiviert. Ein erster Kontakt kommt häufig im Rahmen einer Praktikumsanfrage zustande. Ist der Arbeitgeber interessiert, werden an einem Treffen die Modalitäten geklärt. In der ersten Praktikumswoche findet nochmals ein Austausch statt und am Ende wird das Praktikum evaluiert. Wenn das Arbeitsverhältnis verlängert wird, stehe ich weiterhin als Berater zur Verfügung.
Zu welchen Ergebnissen führen die Integrationsmassnahmen?
Ich habe den Eindruck, dass wir durch unsere Arbeit (wir sind 5 Erwerbsintegrationsberater) dazu beitragen, dass die jungen Menschen schneller auf eigenen Füssen stehen. Durch die Begleitung finden die Flüchtlinge schneller ihren Weg und ihren Platz in der Gesellschaft. Wir suchen nach langfristigen Lösungen und tun alles dafür, den jungen Menschen eine Berufsausbildung zu ermöglichen.
Sie arbeiten seit 35 Jahren in diesem Bereich. Wie haben sich die Dinge in diesen Jahren entwickelt und wie schätzen sie die Zukunft der Migrantinnen und Migranten ein?
Die Situation hat sich drastisch verschlechtert: Viele Flüchtlinge sind stark traumatisiert, die Grenzen werden immer hermetischer abgeriegelt und die Fluchtrouten immer gefährlicher. Auch die Bedingungen im Aufnahmeland sind schwieriger. Als etwa die ungarischen Flüchtlinge im Winter 56-57 in die Schweiz kamen, war die Bevölkerung ihnen gegenüber sehr offen und es konnten relativ rasch Wohnungen gefunden werden. Heute ist das Gegenteil der Fall. Die angespannte geopolitische Situation und der Klimawandel werden die Flüchtlingszahlen weiter ansteigen lassen. Und die westlichen Gesellschaften werden sich immer weniger aufnahmebereit zeigen.