Caritas stärkt Resilienz Tausender vertriebener Familien

Akute humanitäre Krise in Burkina Faso

Burkina Faso gehört zu den ärmsten Ländern der Welt und sieht sich mit tiefgreifenden Krisen konfrontiert. Jüngst kamen 100 Personen bei dschihadistischen Angriffen auf eine Kirche und eine Moschee ums Leben. Nun droht noch mehr Instabilität, da das Land seinen Austritt aus der Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten (ECOWAS) angekündigt hat. In diesem schwierigen Umfeld leistet Caritas Schweiz lebenswichtige Hilfe.

Asseta Korogo, 33, hatte keine Wahl. Sie war gezwungen, ihr Dorf Dablo im Norden Burkina Fasos zusammen mit ihrem Mann und den sechs Kindern zu verlassen. Den Behörden ist es nämlich nicht gelungen, die zunehmende Anzahl von Terroranschlägen zu unterbinden. Die Einwohnerinnen und Einwohner wurden daher aufgefordert, von Dablo wegzuziehen. Sie verloren nicht nur ihr Land, sondern auch ihr komplettes Hab und Gut – ihr Vieh, ihr Geld und ihr Haus.

Asseta Korogo fand sich schliesslich mittellos im Dorf Tiwêga wieder, 93 Kilometer weiter südlich in der Nähe der Stadt Kaya. Seit 2019 erlebt diese 40’000 Einwohner zählende Stadt einen massiven Zustrom von Vertriebenen. Zusätzlich verschärft die Sicherheitskrise die wirtschaftliche Instabilität, die Probleme mit der schwach ausgebauten Infrastruktur sowie die Auswirkungen der Klimakrise, unter der die gesamte Region und ganz Burkina Faso leiden.

Ende 2023 zählten die Vereinten Nationen in diesem Sahelland mit etwas mehr als 22 Millionen Menschen rund 2,6 Millionen Binnenvertriebene. Schätzungsweise 4,7 Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Eines von zehn Kindern leidet an akuter Unterernährung und 900’000 sind von Schulschliessungen betroffen. Mittlerweile sind aus Sicherheitsgründen über 5’700 Schulen (22 Prozent aller Schulen des Landes) geschlossen. Für Vertriebene wie Asseta Korogo besteht kaum Hoffnung auf eine baldige Rückkehr in ihre Heimatregion. Die mit diesen Fluchtbewegungen entstehende Drucksituation bekommen auch die Gastgemeinschaften zu spüren.

Durch langfristig angelegte Massnahmen die Eigenständigkeit erreichen

Angesichts der fragilen Lage sind rasche Nothilfemassnahmen in Kombination mit nachhaltigen Lösungen gefragt. Nur so lässt sich die Resilienz der Bevölkerung stärken. Und genau hier kommt Caritas Schweiz ins Spiel. Wir helfen den Binnenvertriebenen und den Schwächsten in den Gastgemeinschaften. So haben wir im vergangenen Jahr 4’500 Haushalte mit Lebensmittelhilfen unterstützt, indem wir Hilfspakete mit Reis, Bohnen und Öl an diese verteilten. Gleichzeitig realisiert die Caritas ein langfristig angelegtes Projekt in der Region Zentrum-Nord, das 3’000 Familien zugutekommt. Dazu gehört auch die Familie von Asseta Korogo.

Die Caritas unterstützt diese Familien beim Aufbau einer nachhaltigen Einkommensquelle und sichert so die Ernährung von 21’000 Menschen. Im Rahmen des Projekts werden zunächst 20 Coaches ausgebildet, welche die Vertriebenen auf ihrem beruflichen Weg begleiten. Die Betroffenen erhalten Schulungen zu Unternehmensführung und lernen, wie man einen Business-Plan erstellt. Zudem werden rund 20 sogenannte Spargruppen gegründet, die ihren Mitgliedern Kredite gewähren, damit diese in ihre Kleinunternehmen investieren können. Weiter erhalten 1’000 Unternehmen ein Startkapital. Eine wichtige Komponente ist ferner der Fokus auf Frieden und sozialen Zusammenhalt, der während des gesamten Projektverlaufs zum Tragen kommt. Ziel dabei ist es, ein friedliches Miteinander der verschiedenen Gemeinschaften zu fördern.

Auch Asseta Korogo ist Teil dieses Projekts und macht sich ihre eigenen Erfahrungen zunutze. In ihrem Heimatdorf bereitete sie nämlich Koura-Koura zu, eine Art Erdnussplätzchen, die in Burkina Faso sehr beliebten sind. Die junge Frau und ihr Coach sahen darin eine Geschäftsidee und suchten zwei Geschäftspartner. Das dreiköpfige Team erstellte einen Business-Plan und begann mit der Produktion – und dies mit Erfolg. Das kleine Unternehmen hat mittlerweile das Leben der Familie von Asseta Korogo verändert. Das Geschäft läuft ausgezeichnet. Die Familie kann damit ihre Grundbedürfnisse sichern, und die Kinder können wieder zur Schule gehen.

«Pessimismus ist hier fehl am Platz»

Die Geschichte von Asseta Korogo zeigt, wie wichtig es ist, die Resilienz von Familien zu stärken. Denn das Land und die gesamte Region sind von extremer Fragilität geprägt. So haben die Militärjunta, die seit dem Putsch von 2022 an der Macht ist, sowie die Behörden von Niger und Mali kürzlich angekündigt, aus der Wirtschaftsgemeinschaft der westafrikanischen Staaten (ECOWAS) austreten zu wollen.

Bisher handelt es sich zwar lediglich um eine Ankündigung, und das ECOWAS-Protokoll sieht eine zwölfmonatige Kündigungsfrist vor, bevor ein solcher Prozess abgeschlossen werden kann. Sollte dieses Vorhaben allerdings umgesetzt werden, könnte das für die Menschen in diesem Wirtschaftsraum, der den freien Personen- und Warenverkehr garantiert, sowohl in wirtschaftlicher als auch politischer Hinsicht erhebliche Konsequenzen haben. Ausserdem würde dadurch die regionale Sicherheit noch weiter gefährdet, da sich die ECOWAS auch im Kampf gegen Terrorismus und gewalttätigen Extremismus in der Region engagiert.

«Die Situation für die Sahelzone sowie ihre Bewohnerinnen und Bewohner dürfte über Jahre hinaus schwierig, ja sogar düster aussehen.»Fabrizio de Georgio Ferrari TrecateLeiter des Büros der Caritas Schweiz in Burkina Faso

Dennoch gibt er sich zuversichtlich: «Nach all den Jahren, in denen wir in diesem Umfeld schutzbedürftige Personen unterstützten, kann ich nicht anders, als an eine bessere Zukunft für diesen Teil der Welt zu glauben. Denn die Menschen haben einen unerschütterlichen Optimismus bewahrt, der trotz des vorherrschenden Leids für die gesamte Bevölkerung eine Quelle der Inspiration bleibt. Pessimismus ist für mich schlicht keine Option, er ist hier fehl am Platz.»

Geschrieben von Vérène Morisod, Kommunikation Westschweiz, Caritas Schweiz

Interviewanfragen und weitere Informationen: medien@caritas.ch

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Titelbild: © Souleymane Drabo